Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Sinai

Body: 

Sinai, Sinai

Im Norden der großen Sinai-Halbinsel – von den Wassern des Mittelmeeres, des
Golfes von Suez und des Golfes von Akaba umspült – dehnt sich die Wüste Tih
aus. Diese weite, eintönige Hochebene, steigt in dem Maße an, als man Richtung
Süden zu den Gipfeln von Gebel Mussa und Gebel Katherina vorankommt, die über
2500 m hoch und im Winter zuweilen schneebedeckt sind. Wir haben es hier mit
zwei gänzlich unterschiedlichen Regionen zu tun, beide gleich trostlos und dennoch
seit den ersten Pharaonen voller Geschichte, die hier bis zum Auszug der Israeliten
unter Mose die Minen und Steinbrüche ausbeuten ließen. Zwischen Israel und Ägypten
fungierte die Halbinsel von 1948 bis zur Unterzeichnung der Friedensverträge
von Camp David und den letzten Abkommen über die Enklave von Taba 1988 als politisches
Unterpfand.

Die wenigen hier lebenden Beduinen indes scheinen sich um das Regierungssystem,
von dem sie abhängen, seltsamerweise wenig zu kümmern. Trotz ihrer erst kurze
Zeit zurückliegenden Seßhaftigkeit sind und bleiben sie zunächst einmal Beduinen
und unterscheiden sich grundlegend vom ägyptischen Fellachen. Zugegeben, die
Zelte verschwinden nach und nach und machen Platz für ärmliche Festbauten (häufig
aus Karton, Plastik oder Wellblech), die den wenigen Dörfern den tristen Anschein
von Elendsvierteln geben. Zugegeben, die Kamele werden in zunehmendem Maße von
klapprigen Jeeps und buntgescheckten Lastwagen verdrängt, die ungestüm über
die unbefahrbarsten Pisten gelenkt werden. Aber ungeachtet dieser Veränderungen
bewahren sich die Beduinen ihren ganzen Stolz: dieses Fleckchen Erde gehört
ihnen. Sie verfügen frei darüber, und die heutzutage immer häufiger auftauchenden
Touristen nehmen sie mit höflicher Gelassenheit wahr.

Von einem Ufer zum anderen

Seit den aus Anlaß der Wiedereröffnung des Kanals in Angriff genommenen Arbeiten
hat ein Tunnel die Fähre entbehrlich gemacht, mit der man früher übers Wasser
setzte. Die Halbinsel verfügt heute über ein ausgezeichnetes Straßennetz, das
es uns erlaubt, auf angenehmen Rundfahrten bis ins Herz des Gebirges vorzudringen.
Lediglich der Zugang zu den abgelegenen antiken Stätten gestaltet sich schwierig
und erfordert ein Geländefahrzeug. So z.B. Serabit al-Khadem mit seinen hohen
Stelen aus Stein, die zu Ehren Hathors, der Herrin über Sinai und Türkis, errichtet
wurden.

Die Straße rückt immer näher an die Küste heran und führt vorbei an Ain Mussa
und seinen heißen Quellen, den Abu Zenima, an Abu Rodeis mit seinen Erdölinstallationen,
bis wir schließlich die Landspitze Scharm al-Scheich erreichen, Wächterin über
die Meerenge von Tiran und ein unvergleichliches Zentrum für Tiefseetaucherei.
Wer nach Dahab und Nueiba hinauffährt, zwei weiteren Ferienorten, die nurmehr
für kurze Zeit vom Massentourismus verschont bleiben dürften, kommt an der Ostküste
in den Genuß der außergewöhnlichsten Landschaften: auf der einen Seite das Sinai-Gebirge,
auf der anderen in der Ferne die Berge Saudi Arabiens und in der Mitte die grünen
Wasser des Golfes von Akaba. Darin leben Korallen, bunte Fische und Seemuscheln,
und seine Ufer werden von unendlichen, weißen Stränden gesäumt. Einziger Schönheitsfehler
in dieser Idylle: die Quallen, die mitunter die Küstengewässer befallen.