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Assuan

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Assuan

Die Stadt ist stark gewachsen seit der Zeit, als die Europäer kamen, um hier
ihr Winterquartier aufzuschlagen. Heute wird Assuan völlig zu Unrecht von den
Reisenden übergangen. Sicherlich, die Konstruktion des großen Staudamms brachte
den Bau vieler Hunderte von Wohnungen mit sich, die ursprünglich für die sowjetischen
Techniker bestimmt waren und heute von Ägyptern bewohnt sind. Dennoch hat sich
der älteste Teil der Stadt einen reizvollen und beschaulichen Charakter bewahrt:
mehr als jede andere Großstadt des Niltales bietet sich Assuan als Sommerfrische
an. Um so mehr, als die Umgebung mit einer Vielfalt an in Ägypten seltenen Landschaften
und Eindrücken aufwartet.

In der Stadt selbst, etwas abseits der Corniche, laden volkstümliche Gassen
und ein Markt zum Bummeln: Ladentische, auf denen sich Gewürze und Karkadeh-Blätter
türmen, die man als warmen oder kalten Tee trinkt, eine Überfülle an Korbwaren
und vereinzelt silberne Schmuckstücke erinnern daran, dass wir uns ganz in der
Nähe Schwarzafrikas, vor den Toren des Sudans, befinden.

Einige Kilometer südlich entdeckt man einen unfertigen Obelisken und, etwas
weiter, noch einen kaum behauenen, während der Arbeit aufgegebenen königlichen
Koloß. Bei diesem Abstecher in die Wüste lohnt es sich, auf dem Rückweg im alten
Katarakt-Hotel, das nichts von seinem vergangenen Reiz eingebüßt hat, eine Erfrischung
zu bestellen. Von der Veranda aus überblickt man die Elephantine-Insel – entstellt
vom häßlichen Hochhaus des Hotels Oberoi! – die Blumeninsel und die Steilwand,
die sich jäh am linken Nilufer erhebt. Breite Sandströme enden kurz vor Erreichen
des Ufers, übersät von mächtigen Granitblöcken mit elefantenähnlichen Umrissen.

Auf die Erkundungsgänge durch die Stadt folgen dann die Freuden des Schipperns
von Insel zu Insel und der Abstecher in die Wüste am linken Ufer.

Angesichts des hoffnungslosen Durcheinanders der Ruinen auf der Elephantine-Insel
kann man sich die Bedeutung dieser Stätte in der Antike nur schwer vorstellen.
Als südlicher Wachtposten Ägyptens kontrollierte sie das gesamte Kommen und
Gehen im Süden, alle Expeditionen, die mit exotischen Waren beladen aus dem
Sudan heimkehrten. Zur gleichen Zeit besaß sie auch eine gewisse religiöse Bedeutung,
da die ägyptischen Mythen hier den Ursprung des Nilhochwassers ansiedeln, das
– aus geheimnisvollen Tiefen sprudelnd – das ganze Land am Leben erhält. An
Ort und Stelle wurde übrigens ein »Nilometer in Form einer gigantischen Treppe
kon-struiert, an deren Skala sich der Wasserstand des Flusses ablesen läßt.

Ganz in der Nähe kann man sich im kühlen Schatten auf der Blumeninsel (oder
Kitchener Insel) ausruhen. Die Insel voller seltener Pflanzenarten wurde in
einen botanischen Garten verwandelt. Anschließend geht es dann mit der Feluke
wieder zurück zum linken Ufer.

Von hier aus bietet sich eine Vielzahl von Ausflügen an, und es wäre vermessen,
sie alle an ein und demselben Tag absolvieren zu wollen. Man hat die Wahl zwischen
folgenden Möglichkeiten: ein Fußmarsch entlang des Berghanges bis zu den Hypogäen,
den Felsengräbern der Vornehmen, der Statthalter von Elephantine, die aus der
Endzeit des Alten Reiches stammen; ein Abstecher in die Wüste zum koptischen
Simeonskloster; ein Besuch des Grabes von Aga Khan, dem Führer der Ismaeliten,
der 1957 in einer besonders schönen, zu diesem Zweck erbauten Moschee bestattet
wurde.