Rund um das Labyrinth
Rund um das Labyrinth
Alle Wege führen in die grüne Oase Fayum, ob man nun die Wüstenstraße vom Gizah-Plateau
über Karanis direkt zum Qarun-See nimmt oder im Tal bei Beni Suef nach Medinet
al-Fayum abzweigt. Wäre da nicht der schmale Kanal Bahr al-Yusuf zum Nil, der
sogenannte »Josephskanal, so könnte man von einer perfekten Oase sprechen.
Bereits die alten Ägypter hatten begriffen, welchen Nutzen sie aus dieser breiten
Senke ziehen konnten. Das Land wurde im Mittleren Reich mit Hilfe eines ausgewogenen
Bewässerungssystems urbar gemacht.
Obst- und Weingärten, Blumen und ein großer, natürlicher See man glaubte
lange, er sein künstlich angelegt worden Schöpfräder (Sakiehs) und Ziehbrunnen
(Schadufs) lassen den Aufenthalt in Fayum zu einem köstlichen Erlebnis werden.
Um so mehr, als es hier neben dem reizvollen Anblick fruchtbarer und wohlbestellter
Felder auch vielfältige Kunstschätze gibt sowie die Möglichkeit zum Fischen
und Jagen. So gesehen, verdient das See-Gästehaus am Südufer von Birket Qarun
sicherlich die Auszeichnung als angenehmste Sommerfrische weit und breit (obwohl
das Wasser bisweilen übel riecht), Ausgangsort für Streifzüge in die bäuerliche
Umgebung und Exkursionen zu den historischen Stätten der Region.
Deren Mittelpunkt markiert die ansehnliche Stadt Medinet al-Fayum, die das
alte Schedit (Crocodilopolis auf Griechisch) ablöste, so genannt nach dem Krokodilgott
Sobek. Früher war das stehende Gewässer nämlich ein Echsen-Eldorado. Die antike
Stadt ist fast völlig verschwunden, bis auf einen zerfallenen Tempel. Dafür
findet man in der Umgebung Monumente in Hülle und Fülle; sie stammen aus der
Zeit zwischen dem Alten Reich und der ptolemäischen Epoche. In Hawaret bei Medinet
al-Fayum stehen eine Pyramide und die großzügige Grabanlage Amenemhats III.
aus der XII. Dynastie: die Griechen bezeichneten sie als Labyrinth des Königs
Mares. Im Kom Auschim ist der Karanis-Tempel zu bewundern; nördlich des Sees
stößt man auf das rätselhafte Bauwerk von Kasr al-Sagha; Medinet Madi wartet
mit einem schmucken Tempel aus dem Mittleren Reich auf, der bis zur ptolemäischen
Epoche völlig umgestaltet wurde. Rundherum entstanden damals zahlreiche griechische
Siedlungen.
Nach all diesen architektonischen oder einfach nur ländlich-beschaulichen Streifzügen
begegnet man einer Kunstform, die den Ort besonders auszeichnet. Wie in Alexandria,
so wurden auch in Fayum alle möglichen kleinen religiösen oder profanen Figuren
aus gebranntem Ton hergestellt; besonders auffällig aber ist die einmalige Totenmalerei
auf den Sarkophagen der ersten Jahrhunderte christlicher Zeitrechnung. Die Porträts
von Fayum sind wirklichkeitsgetreue Darstellungen der Verstorbenen, mit betonten
Augenbrauen, riesigen leeren Augen und lockiger Haartracht nach römischer Mode.
Zusammengenommen eine ergreifende Bildergalerie von Männern, Frauen und Kindern,
deren Konterfeie inzwischen auf der ganzen Welt verstreut sind und in Privatsammlungen
und Museen aufbewahrt werden, nicht zuletzt auch in Kairo.