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»Sitzen« und »sich niederlassen«

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»Sitzen« und »sich niederlassen«

Ein Tisch, viele Stühle

Was im kafenion besonders ins Auge fällt: das offenkundige Mißverhältnis zwischen der Anzahl der Stühle und jene der Tische. Ohne zu übertreiben kann man feststellen, dass jedem Tischchen, ob quadratisch und mit Marmorplatte versehenen oder rund und aus Blech, ein Dutzend Holzstühle zugeordnet sind: mit abgewetzten Sitzflächen und einer Schnur rund um die Stuhlbeine, damit diese sich nicht aus ihrer Halterung lösen. Die Einheimischen hocken dort, um einen »Moment« voll auszukosten, der Stunden andauern kann; sie verwenden den Stuhl nicht allein zum Sitzen, sondern um sich »niederzulassen«. Man beachte den feinen Unterschied! Dies setzt aber das Vorhandensein von drei Stühlen pro Person voraus: einen zum Sitzen, einen zweiten, um den Fuß auf eine der Verstrebungen zu stellen, und einen dritten, um den Ellenbogen auf der Lehne abzustützen. Derart gesichert, bringen es einige begabte Caféhasen zu wahrhaft akrobatischen Leistungen: diskutierend und Kaffee schlürfend, balancieren sie sacht auf den vorderen beiden Stuhlbeinen und halten von Zeit zu Zeit inne: sei es, um dem Gesprächspartner ihr Ohr zu leihen oder um selbst das Wort zu ergreifen.

In den Großstädten verschwinden nach und nach die Stühle mit Strohsitz und machen anderen, »moderneren« Platz, deren Gerüst aus Metall besteht, Lehne und Sitz aus Kunststoff, und bei denen keine Querverstrebung den Füßen Halt bietet. Damit ist nicht allein jede Gleichgewichtsübung vereitelt – ihre beschränkte Zahl schließt darüber hinaus die Bildung einer richtigen parea (Gemeinschaft einander freundschaftlich verbundener Personen) aus. Ähnlich wie in anderen Bereichen, findet sich die »Kunst, zu sitzen wie ein Grieche« nurmehr auf dem flachen Land.