Le Volcan
Feuerspucker und Kraterkessel
Fazinierende Mondlandschaften - bibbernde Besucher
Der Vulkan ist mit dem Auto nur über eine einzige Strecke zu erreichen, die Forststraße R.F.5, die in Bourg Murat von der N3 abzweigt. Busse verkehren hier keine. Generell gilt für Ausflüge zum Vulkan dasselbe wie für beinahe alle anderen Touren und Wanderungen:
Nur wer ganz früh aufbricht, hat eine Chance, die Bergwelt der Insel frei von Wolken und Nebel zu erleben. Außerdem kann es auf diesen Höhen, vor allem in den Wintermonaten, empfindlich kalt werden. Entsprechende Kleidung sollte unbedingt zur Ausrüstung gehören.
Von Bourg Murat aus erreicht man nach zirka 10 km den Nez de Boeuf (2 019 m), einen Aussichtspunkt über die Schlucht des Rivière des Remparts. Etwas weiter empfiehlt sich ein kurzer Halt am Cratère Commerson, einem eindrucksvollen Explosionstrichter, der vor Tausenden von Jahren entstanden ist.
La Plaine des Sables zeigt sich bald darauf als bizarre Mondlandschaft, in der die schnurgerade Forststraße etwas verloren wirkt. Eigenwillige Steinformationen inmitten einer schwarzroten Sandwüste prägen das Bild, bevor man sich an einer Kreuzung für den Weg zur Gîte oder die Auffahrt zum Aussichtspunkt über den Vulkan entscheiden muß.
Feuerspuckendes Monstrum oder wundervolles Mysterium, für alle etwas ganz Besonderes: der Piton de la Fournaise. Nichts zieht die Menschen so magisch an wie der immer noch aktive Vulkan im Süden der Insel. Wenn der Riese Feuer spuckt, strömen Touristen ebenso wie Einheimische zu Tausenden auf das Bergmassiv, um dem überwältigenden Schauspiel beizuwohnen, wie beim Ausbruch im März '98. Die Straßen zum Vulkan werden wegen des kaum zu bewältigenden Besucheransturmes gesperrt und die Menschenmassen in Bussen zum Gipfel gekarrt. Eingewickelt in wärmende Decken sitzt man dann inmitten von Zelten, Thermosflaschen und Rucksäcken vollgestopft mit Proviant und Kameraausrüstung am Pas de Bellecombe oder am Nez Coupé de Sainte-Rose, Aussichtspunkten über die riesige Caldera.
Richtig wahrnehmen kann man die leuchtenden Lavamassen eben nur nachts, und wenn sich nach langem Warten die rot leuchtenden Nebelschwaden lichten und für einige Sekunden den Blick auf das Feuerspektakel freigeben, springt alles auf und von überallher erklingt das hektische Klikken der Fotoapparate. Wenige Augenblicke später ist der Krater wieder bedeckt und von hinten ertönen verärgerte Stimmen, die sich beschweren, dass gestern viel klarere Sicht vorgeherrscht habe, die Busfahrten aber so schlecht organisiert gewesen seien, dass nicht alle Interessenten zum Vulkan befördert werden konnten. Die Rufe verstimmen schnell und alle warten wieder gebannt auf das Spektakel hinter dem dichten Dunstschleier. Ganz nach unten zur Austrittsstelle darf man noch nicht. Bis feststeht, dass keine Gefahr besteht, bleibt dieses Privileg Forschungsteams vorbehalten, und die Zugangswege werden durch das französische Militär gesperrt.
Angst scheint niemand zu haben, wenn er über 2 000 m Höhe in den rotglühenden Schlund blickt und viele wünschen sich nichts sehnlichster, als dem Vulkan direkt ins Auge zu blicken. Meldungen von Massenevakuierungen, Tod und Vernichtung, wie man sie von anderen Schauplätzen dieser Welt kennt, gab es auf Réunion bislang nicht, und irgendwie scheinen in all' der Euphorie die immer wiederkehrenden Hinweise von Wissenschaftlern, dass Vulkane nie wirklich berechenbar sind, keinen zu stören. Glücklicherweise gehört der Piton de la Fournaise zu den freundlichen, sogenannten roten Vulkanen, die im Gegensatz zu den explosiven Grauen, dünnes ruhig fließendes Magma speien, auf das man nach einer Eruption entsprechend reagieren kann.
Am tragischen Beispiel des Mount Saint Helens in den Vereinigten Staaten, dessen heiße Aschewolke 1979 innerhalb weniger Augenblicke einen ganzen Landstrich vernichtete, konnte man die tödlichen Auswirkung der grauen Vulkane sehen.
Um das überschaubare Risiko, das der Piton de la Fournaise darstellt, gegen Null zu halten, sorgt rund um die Uhr ein vulkanologisches Observatorium für die lückenlose Überwachung des Publikumsmagneten und leitet beim geringsten Anzeichen einer drohenden Eruption die nötigen Schritte ein. So gesehen, gibt es beim Urlaub auf Réunion wirklich keinen Grund, den Vulkan von der Besuchsliste zu streichen. Auch wenn man nicht das Glück hat, einen der kleineren Ausbrüche, die beinahe jedes Jahr vorkommen, oder sogar eine größere Eruption zu erleben, sollte man sich eine Wanderung in der wundersamen Landschaft nicht entgehen lassen.
Was vom Aussichtspunkt des Pas de Bellecombe zu überblicken ist, stellt allerdings nicht den Krater des Piton de la Fournaise, sondern den Enclos Fouqué, eine durch frühere Ausbrüche entstandene Caldera, dar. Die geleerten Magmataschen hatten großflächige Absenkungen zur Folge, die so das heutige Bild ergeben. Der Piton de la Fournaise liegt im Zentrum dieser Caldera und verfügt über zwei Hauptkrater: den seit Ende des 18. Jahrhunderts inaktiven Cratère Bory und den aktiven Cratère Dolomieu.
Wie die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, finden aber auch Ausbrüche außerhalb des eigentlichen Kegels statt, und man wartet gespannt, wo und wann der Riese mit dem leichten Schlaf das nächste Mal erwachen wird. Auch dann wird es sich wohl wieder bewahrheiten, dass die Naturgewalten, die als Winde über die Insel fegen, weit zerstörerischer sind, als die, die aus der Erde strömen. Selbst die Bewohner der Südküste, die im Einzugsgebiet des Grand Brûle, dem Bereich über den sich die Lava schon häufig bis ins Meer ergossen hat, leben, sehen dem nächsten Ausbruch eher gelassen entgegen. Schließlich war die launische Diva schon lange vor den Menschen auf Réunion, und ohne Vulkane gäbe es sie doch gar nicht, diese einzigartige Insel am Ende der Welt.
Unterkünfte
Gîte du Volcan ($)
Gîte de Montagne (Maison de la Montagne)
Tel.: 21 28 96
Die gepflegte, mit etlichen Heckenskulpturen versehene Anlage, setzt sich aus drei Gîtes und einem Haupthaus zusammen. Die Gîtes wurden nach und nach errichtet und unterscheiden sich in Einrichtung und Komfort. Wer es vorzieht, moderner und großzügiger untergebracht zu werden, der sollte bei der Reservierung nach der etwas teureren Nummer 3 fragen. Die Unterbringung erfolgt generell in Mehrbettzimmern, denen gemeinsame Sanitäranlagen zur Verfügung stehen.
Die Gîte du Volcan bieten einen idealen Ausgangspunkt für Wanderungen zum Piton de la Fournaise und gehört zu den wenigen Berghütten der Maison de la Montagne, die mit dem Auto erreichbar sind. Während der Hauptsaison sind die Plätze teilweise über mehrere Wochen komplett ausgebucht.