Geschichte
Flotter französischer Sklavenhandel
Zusammenkunft mit Hindernissen
Lange Zeit bevor die Europäer von der Existenz der Maskarenen wissen, sind die Inseln schon auf den Karten arabischer Seefahrer verzeichnet. Unbewohnt und weitab ihrer geläufigen Schiffahrtswege bringen die arabischen Entdecker der Inselgruppe jedoch kein großes Interesse entgegen, und so kommt es, dass sie ihren heutigen Namen einem Europäer verdankt.
Der portugiesische Seefahrer Pedro Mascarenhas stößt abseits der Route nach Indien zwischen 1505 und 1513 auf die entlegenen Vulkaninseln.
Im Jahre 1638 nimmt Frankreich die spätere Île Bourbon in Besitz. Die ersten Siedler, Aufständige aus Madagaskar, werden 1646 auf die Insel verbannt und finden sich in einem paradiesischen Gefängnis wieder. Die wahre Kolonisation beginnt 1665, als im Auftrag der nach englischem Vorbild gegründeten Compagnie des Indes die ersten 20 Siedler auf Bourbon eintreffen. Sechs Jahre später landet eine weitere Gruppe, darunter Franzosen, Madegassen und Inder.
Neben Fischfang und Jagd beginnt man mit der Rodung weiterer Flächen zugunsten der Landwirtschaft. Ausgehend von der Hauptstadt Saint-Paul, spielt sich das Leben vorwiegend an der Küste, der als Versorgungsstützpunkt an Bedeutung gewinnenden Insel, ab. Anfang des 18. Jahrhunderts kommen mit einem Schiff der "Compagnie des Indes" die ersten arabischen Kaffeepflanzen auf das Eiland. Trotz des starken Bevölkerungszuwachses lassen sich die erhofften Gewinne nur mit Hilfe von Zwangsarbeitern verwirklichen, so dass im Jahre 1718 der Handel von Sklaven erlaubt wird. Um den Umgang mit der aus Ostafrika oder Madagaskar stammenden »Menschenware« zu regeln, wird fünf Jahre später von Ludwig XV
der sogenannte "Code Noir" erlassen, ein Werk, dessen unzählige Paragraphen Rechte und Pflichten, sowie den Besitzstatus der Sklaven und ihrer Herren festlegen.
1738 übernimmt Saint-Denis die Rolle der alten Hauptstadt Saint-Paul. Verteidigungstellungen und Infrastruktur werden im aufkeimenden Konflikt der beiden Großmächte Frankreich und England weiter ausgebaut.
Am Ende des Krieges gehört Bourbon der französischen Krone. Die Compagnie des Indes hat in den jahrelangen Kämpfen unzählige Schiffe verloren und steht 1767 vor dem Ruin. 1794 erhält Bourbon den Namen Île de la Réunion, die Insel der Zusammenkunft. Im Zuge der französischen Revolution unternommene Versuche, die Sklaverei auf den Maskarenen abzuschaffen, werden ebenso wie von den Insel ausgehende Bemühungen abgewehrt. Napoleons Beschluß zur offiziellen Wiederaufnahme der Sklaverei wird ihm zu Ehren mit einer zeitweisen Umbenennung Réunions in Île Bonaparte honoriert.
1810 erobert England die gesamten Maskarenen. Bourbon wird vier Jahre später im Pariser Vertrag den Franzosen zugesprochen, während Mauritius und Rodrigues in englischer Hand bleiben. In den folgenden Jahren erlebt der Anbau von Zuckerrohr eine Blüte. Mit der Entstehung großer Plantagen in den Küstenzonen beginnen die um ihre Existenz gebrachten Kleinbauern die schwachbevölkerten Bergregionen zu erschließen.
Am 20. Dezember 1848 ruft Joseph Napoléon Sébastien Sarda, besser bekannt als Sarda Garriga, in Saint-Denis die Abschaffung der Sklaverei aus. 60 000 Leibeigene erhalten den gleichen Status wie 35 000 freie Bürger. In der Landwirtschaft werden nun verstärkt Einwanderer aus Indien, Afrika und China eingesetzt, die den Anbau und Export von Zuckerrohr weiter vorantreiben.
Die sinkenden Weltmarktpreise für Zucker zeigen 1865 die fatale Abhängigkeit von der Monokultur. La Réunion erlebt eine wirtschaftliche Krise. Zeitgleich machen der Bevölkerung von den Vertragsarbeitern eingeschleppte Krankheiten zu schaffen. Zu Malaria gesellen sich jetzt Pocken, Cholera und Pest.
Die Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie von Saint-Benoît nach Saint-Pierre läutet 1882 eine neue Ära der infrastrukturellen Entwicklung ein. Fortan können sich Personen zügig auf der Insel fortbewegen und Zuckerladungen zum Export in die neue Hafenanlage Le Port befördert werden. Die stärker werdende Konkurrenz des Straßenverkehrs führt zwischen 1957 und 1972 zur Stillegung der Zugstrecke. Am Ende des ersten Weltkrieges, hält große Not Einzug.
Réunion leidet unter dem Verlust seiner in den Kampf gezogener Söhne, was sich im Verlauf des Zweiten Weltkrieges wiederholen soll.
Nach Kriegsende steht die importabhängige Insel am Rande einer Hungersnot. Die Notwendigkeit eines politischen Wandels führt 1946 dazu, La Réunion, Martinique, Guyana und Guadeloupe in die französische Republik einzugliedern. Mit dem Status des Überseedepartements (Département d'Outre-mer), werden ihre Bewohner der Bevölkerung Kontinentalfrankreichs gleichgestellt.