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Culloden

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Culloden

Die Einmischung der schottischen, später dann britischen Zentralmacht
in die Angelegenheiten der Gälen verwandelte ihre herkömmliche Blutrache
– die trotz nicht zu leugnender Grausamkeiten alles in allem auf solidem »Handwerk«
beruhte, d.h. auf einer gesunden, wenn auch radikalen Konzeption zum Erhalt
des ökologischen Gleichgewichts – in das, was wir wohl oder übel
als wahren Völkermord bezeichnen müssen. Die Loyalität, die
von den meisten Clans gegenüber der Stuart-Dynastie an den Tag gelegt
wurde, lieferte einen neuen Vorwand zum Gemetzel. Von seinem französischen
Exil aus schürte der Thronanwärter Jakob-Edward Stuart 1715
einen Aufstand in den Highlands, der trotz der Mobilisierung zahlreicher Clans
mangels Zusammenhang in der Führung scheiterte. Dreißig Jahre später
landete sein Sohn Charles-Edward an Bord einer französischen Fregatte
in der Nähe von Mallaig. Er ist fast alleine: so wie der französische
Regent 1715 hat auch Ludwig XV. nicht die versprochenen Truppen entsandt.
Nach langem Zögern scharen sich die Führer einiger angesehener Clans
wie die Cameron oder der Ranald Clan um den Prinzen. Aber zahlreiche anderen
bleiben fern oder sind, wie die unvermeidlichen Campbells, feindlich gesonnen.
Dennoch läßt sich der Feldzug gut an. Edinburgh wird besetzt, aber
die Lowlander sträuben sich dagegen, die Ränge der Jakobiten aufzufüllen,
weil sie nicht gewillt sind, auf die wirtschaftlichen Vorteile zu verzichten,
die ihnen die ersten Jahrzehnte der Union eingebracht haben. Nachdem sie rund
einen Monat lang in der Hauptstadt vertändelt haben, stoßen Charles
und seine Armee nach England vor, wo sie auf keinen nennenswerten Widerstand
stoßen. Sie rücken bis Derby vor. London scheint in ihrer Reichweite
zu sein. Aber erneut verzetteln sich die unfähigen und eifersüchtigen
jakobitischen Generäle. Die Highlander, dieses ständige Zeitschinden
satt habend, enttäuscht darüber, dass sie London nicht plündern
können, und um ihre mitten im Winter zurückgelassenen Familien besorgt,
desertieren in Scharen. Eine ausgehungerte und demoralisierte Truppe strömt
zur großen Erleichterung der Londoner in einem chaotischen Rückzug
gen Norden und formiert sich im April 1746 aufs Neue im Heideland von Culloden,
unweit von Inverness.

Auf diesem hoffnungslos flachen Terrain, sinnloserweise von den rebellischen
Generälen ausgewählt, spielte sich die letzte Schlacht ab, die den
Boden Großbritanniens mit Blut durchtränkte. Mit claymores
und ... Steinen bewaffnet, stürmten die Highlander des Bonnie Prince
Charlie
zum Klang der Dudelsäcke gegen die Kanonen des Herzogs
von Cumberland
an – in dessen Truppen sich eine nicht unerhebliche Zahl
von Schotten befand, Lowlander und Männer aus den whig Clans,
Anhänger des Hauses Hannover/Windsor. Die Angelegenheit wurde in weniger
als einer Stunde erledigt. Um mit dieser Verräterrasse entgültig
abzuschließen, ließ butcher Cumberland Verletzte und Gefangene
vernichten, um dann anschließend glens, straths und bens
des Hochlands zu durchkämmen, wobei er die Ernten verwüstete, das
Vieh abschlachtete und alles, was nach einem Gälen aussah, egal ob Rebell
oder nicht, auslöschte. Widerwärtige Szenen, die John Prebble in
seinem nüchternen und bewegenden dokumentarischen Roman Culloden
(1960) schildert, den die BBC als Grundlage für einen bemerkenswerten
Dokumentarfilm über die Schrecken des Krieges wählte.

Nachdem dieser Anfall mörderischen Wahnsinns einmal vorüber war,
nahm sich die endgültige Lösung um einiges abgefeimter aus – wie
es sich mitten im Jahrhundert der Aufklärung ziemte. Die Regierung ließ
Waffen und Dudelsäcke beschlagnahmen, da sie als mindestens genauso furchtbar
angesehen wurden wie die Angriffswaffen, wegen des Mutes, den sie den Kriegern
einflößten, untersagte den Männern Kilt, Plaid und Tartan
zu tragen und hob die richterliche Gewalt der Clanführer auf. Diese schikanösen
Maßnahmen – die außerdem rassistisch waren, denn sie bestraften
unterschiedslos alle Clans, egal ob Jakobiten oder whigs, darin eingeschlossen
diejenigen, die in Cumberlands Armee gekämpft hatten! – beschleunigten
den Zusammenbruch der Clangesellschaft.