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Geschichte, Gesellschaft

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Geschichte und Gesellschaft

Zur Einführung

Von »einer« kanadischen Gesellschaft zu sprechen, wird den besonderen Verhältnissen in diesem Riesenland nicht gerecht. Dazu nehmen sich die Provinzen des Landes viel zu unterschiedlich aus. Genausowenig lassen sich »die« Kanadier über einen Kamm scheren: man denke nur an die Trapper und Holzfäller - bis heute Inbegriff von Freiheit und Abenteuer - und das ehemalige Holzfällernest Ottawa als Hauptstadt des kanadischen Bundes. Oder an die, je nach Wirtschaftslage und Opportunität, mehr oder weniger eifrig mit der Abspaltung liebäugelnde Provinz Quebec, wo Französisch den Ton angibt. Im Nordwesten an Quebec angrenzend, hätten wir die einzige, wirklich zweisprachige kanadische Provinz: das halb britische, halb französische Neu-Braunschweig, Teil der kanadischen Maritimes, die wirtschaftlich als wenig entwickelt gelten. Ontario dagegen, die wirtschaftlich führende und am dichtesten bevölkerte Provinz, betrachtet sich gerne als Nabel der Nation. Blicken wir weiter nach Westen: Manitoba bildet geographisch die Brücke zwischen Atlantik und Pazifik; dann die endlos anmutende Prärieprovinz Saskatchewan und, noch weiter westlich, die Erdölbarone von Alberta. Schließlich erreichen wir British Columbia, wo die pazifische Lebensfreude zu Hause ist und man längst nicht mehr auf die Städte im Osten Kanadas oder gar nach Europa blickt ...

Kanada: Mitglied im Club der mächtigsten Industrienationen der Welt auf der einen, Weizenfelder soweit das Auge reicht auf der anderen Seite. Und dann die kanadischen Eskimos, die keine »Rohfleischesser« mehr sein möchten, die zu neuem politischen Einfluß strebenden Indianer, arme und reiche Einwanderer aus allen Teilen der Welt, die wirtschaftlich und kulturell übermächtigen USA im Süden, die schier endlose Wildnis im Norden ... Kanadas Gesellschaft bietet sich dem Betrachter zunächst also als verwirrendes Mosaik dar.

Begriffe wie »nationale Identität«, »Zusammenwachsen« auf der einen und separatistische Bestrebungen auf der anderen Seite sind ständig wiederkehrende Themen in der kanadischen Öffentlichkeit. Äußere Symbole, etwa das Meaple leaf in der Bundesflagge und die Nationalhymne, spielen mit ihrer emotionalen Klammerfunktion eine nicht zu unterschätzende Rolle. Uneinigkeit herrscht übrigens schon über die Herkunft des Namens »Kanada«: hat der französische Entdecker des Lorenzstroms, Jacques Cartier, von den Irokesen auf seine Frage nach dem Namen ihres Landes tatsächlich »Kanata« (»Dorf«, »Hüttensiedlung«) zur Antwort erhalten, oder geht dieser Namen vielmehr zurück auf den enttäuschten spanischen Ausruf »Acá nada« (etwa »Hier ist nichts zu holen«), als sie in der Chaleur-Bay nicht auf das erhoffte Gold stießen? Witzbolde behaupten, es handele sich um eine Verballhornung französischer Kolonisten durch ihre englischsprachigen Nachbarn: erstere hätten nämlich damals nur eine Kanne Bier täglich verkonsumieren dürfen, woraus dann das Wortspiel »a can a day« entstanden sein soll. Wir wissen´s auch nicht, neigen aber der lustigeren dritten Möglichkeit zu.

Beginnen wir nun mit unserem (ernsthaften) geschichtlichen Überblick und den für alle Kanadier im Osten und in der Mitte des Landes ähnlichen klimatischen Lebensbedingungen, besonders mit dem harten Winter und dessen Spuren im kollektiven Gedächtnis. Und richten wir anschließend unser Augenmerk auch auf die Geschicke der Frankokanadier, einer zahlenmäßig beachtlichen Minderheit, die in landläufigen Reiseführern häufig zu kurz kommt.



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