Stadtausbau in Madrid
Autobahntunnel unter Madrid
Umbau der Ringautobahn M 30
Umwälzende Bauarbeiten in der Hauptstadt von Spanien
Einst ein kleines, unbedeutendes Städtchen, inzwischen eine Metropole mit drei Millionen Einwohnern: Madrid, Hauptstadt von Spanien. Bürgermeister Alberto Ruiz-Gallardón leistete hier Großes: War die Stadt noch vor wenigen Jahren mit Autos überfüllt, mag man sie nun beinahe eine Oase der Ruhe nennen.
Wie das geschah, erzählt die Geschichte: Im Jahre 1561 erhob Philipp II. das kleine Städtchen zur spanischen Hauptstadt. Jahrhundertelang weitete sich die Stadt kaum aus, sondern verdichtete sich stattdessen nach innen. Selbst jetzt, wo die Gebäude der Altstadt kaum älter sind als ein Jahrhundert, quetschen sich die Häuser an den engen Straßen so nahe zusammen wie früher. Kein Garten, kein Hof, der etwas von der drückenden Enge nähme, nur ab und an Lichtschächte.
Der Bruder Napoleon Bonapartes, José, zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts König von Spanien, glaubte sich dem Ersticken nahe, weshalb er durch den Abriss von Kirchen und Häusern für ein paar freie Plätze sorgte.
Nach seinem Sturz bauten die Madrileños weiter wie gewohnt: dicht an dicht. Selbst das vornehme Barrio (Stadtviertel) Salamanca im Nordosten der Stadt wies stetig schmälere Straßen auf, als hätte Madrid nicht die weite Mancha um sich.
Nur in Zwanzigern des vergangenen Jahrhunderts schaufelte man in der Altstadt Platz, zum Bau des Boulevard der Gran Vía.
Innerhalb von sechzig Jahren (1910 bis 1970) stieg die Einwohnerzahl um 2,5 Millionen auf drei Millionen Madrileños. Die neuen bauten sich ihre Häuser am Stadtrand, so z.B. in den Sechzigern in Form von Wohnblöcken, die viele auf wenig Platz unterbrachten.
Außen um und teilweise auch innen durch die Stadt entstand die Ringautobahn M 30.
Jetzt wohnen in Madrid 3,2 Millionen Menschen, ungefähr so viele wie in Berlin. Als kleiner Unterschied leben die Madrileños auf sechshundert Quadratkilometern, die Berliner dagegen auf neunhundert. Auch weiterhin boomt die Baubranche in Madrid.
Die Einwohner der Region Madrid wuchsen im letzten Jahrzehnt um eine Million auf inzwischen sechs Millionen. Gerade Immigranten suchen im Zentrum Spaniens ihr Glück.
Zu diesem Zeitpunkt trat Alberto Ruiz-Gallardón auf den Plan. Als liberaler Konservativer der rechten Volkspartei PP könnte er dem jetzigen Regierungschef Zapatero Konkurrenz machen, doch seine Partei stellte ihn nicht als Präsidentschaftskandidat auf, sondern ließ ihn Bürgermeister von Madrid werden.
Nun kann er im Kleinen zeigen, was er auf dem Kasten hat. Und dies scheint einiges, denn er brachte es fertig, Madrid vor dem Erstickungstod zu bewahren.:Wie er bereits als Bürgermeisterkandidat versicherte, ließ er Madrid radikal umbauen.
Knackpunkt seines Umbaus war die M 30, die Madrid die Luft zum Atmen nahm. Im Westen verlief sie zur Rechten und Linken des Flusses Manzanares, des einzigen natürlichen Gewässers der Stadt. Der kleine Strom nähert sich der Stadtmitte vom Westen und fließt in nur 1,5 Kilometer Entfernung an der Puerta del Sol vorbei, doch die Ringautobahn ließ ihn fast in Vergessenheit geraten.
Nun taucht er plötzlich wieder auf. Wo einst Blechlawinen einander jagten, findet sich nun Wüste, die in Kürze zu einem hundert Hektar großen Park gewandelt wird. Schlossgarten, Stadtwald Casa de Campo und neuer Manzanares-Park gehen ineinander über und geben den Madrilenen die Chance, am Fluss mit Blick auf Königsschloss und Kathedrale lustzuwandeln.
Und die Autobahn? Die gräbt sich nun wie ein Maulwurf durch zwei Tunnel rechts und links des Manzanares. Das Autobahnkreuz, das bislang über den Fluss verlief, verlegte man unter die Erde, ein wahres Meisterstück.
Die Verwirklichung dieses Traumes kostete die Madrileños jedoch viel Ohropax und Nerven. Seit dem Herbst vor drei Jahren werkelten Tausende Bauarbeiter durchgehend an dem Großprojekt, so dass der Verkehr wöchentlich in andere Wege geleitet wurde, um nun endlich, endlich, Madrid die Luft zum Atmen wiederzugeben.
Die Folgen? Verschuldung in Höhe von sechs Milliarden Euro, aber immerhin auch Platz und Grün.
Eineinhalb Jahre verschlang allein die Planung; die Bauphase begann ohne Umweltverträglichkeitsprüfung. Nun hat der Bürgermeister sein Meisterstück, das er zu den Kommunalwahlen am 27. Mai präsentieren kann.
Die Autobahntunnel waren übrigens nicht die einzigen Arbeiten, mit denen die Madrilenen zu kämpfen hatten. Der Bürgermeister vertunnelte auch gleich ein Teil der Ausfallstraße nach Westen, der Avenida de Portugal, ließ einen Bypass im Süden graben, Autobahnkreuze und Auffahrten entflechten
Und nebenbei baute die Regionalregierung über siebzig Kilometer neue Metrolinien und die Eisenbahn einen S-Bahn-Tunnel mitten durch die Stadt. Selbstverständlich zuzüglich der üblichen Errichtungen in Form neuer Fußgängerzonen, neuer Umsteigestationen vom Bus zur Metro und umgekehrt sowie neuer Tiefgaragen.
Nun haben die Einwohner hoffentlich den größten Brocken hinter sich. Alberto Ruiz-Gallardón kündigte für den Fall einer Wiederwahl den Umbau der Innenstadt an. Man darf gespannt sein!