Traumstrände

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Perfekt organisierte Tage

Duschen unterm Wasserfall

Von Insel zu Insel an Koralleninseln vorbei

Wir badeten an Traumstränden, wurden hingewiesen auf die besten Gelegenheiten zum Schnorcheln, wir „duschten“ in einem Wasserfall – Bilder, die sich mir unvergesslich eingegraben haben. Auf Kailuna lernten wir die Schwiegereltern von Kapitän Linus kennen; der Schwiegervater war „chief“ seines Stammes. In Madang hatte ich immer Linus` schöne Frau bewundert, jetzt verstand ich, warum. Das alte Paar hatte mit seinen fein modellierten Gesichtern eine unglaubliche Ausstrahlung von Würde.


Von den Trobrianderinseln segelten wir zu den Inseln der D`Entre Casteaux-Gruppe, meist schroff aus dem Meer ragende, unvermittelt fünfzig Meter hohe kleine Koralleninseln, die Menschen eindeutig polynesischen Ursprungs mit weichen Locken und meist schön geschnittenen Gesichtern. Jan berichtete von höchst freizügigen Sexualpraktiken des Inselvolks, die Mädchen seien ab etwa elf Jahren bereits geschlechtsreif, und in der matrilinearen Gesellschaft suchten sie ihre Sexualpartner selbst aus. Falls möglich, sollten wir ein solches Ritual der Partnersuche auf dem Schiff vorgeführt bekommen – ein faszinierendes, unvergessliches Ritual. Dabei säßen sich Mädchen und junge Männer in Reihen einander gegenüber und rieben ihre Gesichter aneinander, bis sie in Trance versanken. Am Ende eines solchen Singsings hätten sie dann ihre Partnerwahl getroffen.


Wieder verbrachten wir Tage, die perfekter nicht hätten organisiert sein können. Besuche in Yamgärten und Dörfern wechselten einander ab mit herrlich weißen Stränden sowie Bade- und Schnorchelmöglichkeiten. Überall auf den Inseln boten die Bewohner exquisite Schnitzereien aus Ebenholz feil; vor allem die fucking pigs begleiteten mich noch lange. Kaum hatte ich mich auf einer der immer relativ kurzen Wanderungen einmal in die Büsche verdrückt, um mein Geschäft zu verrichten, schon stand wieder ein Mann mit aufdringlichem Grinsen vor mir, der ein fucking pig verkaufen wollte.

Zu Ende eines solchen Tages gestand sogar Michael, ein Kriminalpolizeichef aus dem Saarland, ein, seit dem Roten Meer noch nicht so gut geschnorchelt, nein, überhaupt noch nie so intakte Korallenriffe gesehen zu haben. Ina und Max grinsten mich bei diesen Worten an, denn beim Schnorcheln war uns nicht entgangen, dass Michaels blonde Haarpracht eine Perücke war. Als ich später mit James, dem Steward, bei einer unserer Unterhaltungen in Tok Pisin über die Perücke sprach, meinte er nur: „Das hätte ich dir gleich sagen können, dass der falsche Haare hat! Ich arbeite jetzt seit vier Jahren auf diesem Boot, die Tricks der Weißen habe ich schnell erkannt.“


An einem Abend hatte Jan es „geschafft“: eine Gruppe Jugendlicher kam an Bord, um uns dieses faszinierende Ritual der Partnersuche vorzuführen. Junge Männer, in Jeans oder laplaps und schmuddelige T-Shirts gekleidet, und Mädchen in Grasröcken setzten sich einander gegenüber, sangen lustlos irgendetwas vor sich hin, und begannen, ihre Gesichter aneinander zu reiben, von „in Trance geraten“ war keine Spur zu entdecken. Aber Frau Macks war tief beeindruckt. Neben mir hörte ich Mark, meinen amerikanischen Kollegen, begeistert sagen: „Das sind Teenager, einfach nur Teenager!“ Das waren sie wirklich. Was hier abgezogen wurde, war eine traurige Show, die vielleicht in grauer Vorzeit einmal eine kultische Bedeutung gehabt haben mochte, aber jetzt versuchten eindeutig ein paar junge Menschen ein Ritual vorzuführen, zu dem sie keinerlei inneren Bezug hatten. Diese Erkenntnis behielt ich wohlweislich für mich, denn schließlich waren wir auf einer Studienreise …


In der Nacht darauf segelten wir nach Tufi. Jan hatte auf die Wasserknappheit des Kreuzfahrtschiffes hingewiesen, das erst in Finschhafen wieder Wasser aufnehmen könne, und gebeten, das Duschen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Wieder hatte sie uns zu einem Wasserfall zum Duschen geführt, wobei ich mir nicht sicher war, ob der Grund wirklich Wassermangel war, oder ob uns noch etwas Exotik geboten werden sollte. Auf Tufi sollten uns die Amerikaner verlassen und nach Port Moresby fliegen, um ihre Heimreise anzutreten. Am Morgen hörte ich alle Amerikaner ausgiebig duschen, und als ich beim Frühstück zu Jan darüber sprach, meinte sie, das sei ihr von vornherein klargewesen, obwohl sie uns am Vortag in Wasserfällen habe duschen lassen.