Einchecken

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Stadtrundfrahrt

Freundliche Bedienung im Hotel

Hilfreiche Tipps im Umgang mit den deutschen Touristen

Im Islander Hotel der Stadt lernte ich gleich beim Einchecken an der Rezeption Wilma, eine einheimische junge Angestellte des Hotels, kennen, die über die Erkrankung der eigentlichen Reiseleiterin Bescheid wusste und mir gleich ein paar Ratschläge im Umgang mit deutschen Touristen erteilte. Aus der Reservatenkammer brachte sie mir ein Schild mit dem Namen „meiner“ Reiseagentur in großer Schrift, womit ich am nächsten Morgen meine Gruppe am Flughafen abholen sollte. Sie trug mich noch für den Weckdienst ein, machte mich Weiße aber darauf aufmerksam, dass man im Hotel zwar bemüht sei, solchen Service anzubieten, ich mir aber bewusst machen solle, in einem Land zu sein, in dem die Uhren etwas langsamer tickten. Als ich daraufhin meine drei Jahre Buscherfahrung erwähnte, meinte sie lachend: „Siehst du, jetzt hast du Rassismus einmal anders herum erlebt!“


Am nächsten Morgen klappte es natürlich nicht mit dem Weckdienst, aber in meiner Aufregung saß ich trotzdem um halb acht Uhr beim Frühstück, um dann pünktlich um neun Uhr meine Reisegruppe am Flughafen zu erwarten. Nervös las ich noch einmal die Namensliste durch, Wilmas Stimme vom Vorabend im Ohr, die gesagt hatte, die Deutschen seien die schwierigsten Touristen, vielleicht, weil sie den weitesten Weg hinter sich hatten. Es „doktorte“ gewaltig auf der Liste. Zwei Ehepaare hatte ich zu erwarten, vier alleinreisende Männer, und eine Singlefrau. Pünktlich, wie Air Niugini war, landete das Flugzeug aus Singapore. In mir flog noch ein Erinnerungsfetzen vorbei, in dem ich Michael Somare, den damaligen Premierminister des Landes, sah, wie er bei irgendeinem Inlandflug das Flugzeug rasch und unvermittelt verließ, weil er bemerkt hatte, dass der Pilot ein Einheimischer war.

Dann kamen die Menschen an, mit denen ich die nächsten drei Wochen auf engste Weise verbringen würde. Zwei ältere Ehepaare, vier Männer etwa in meinem Alter, und eine ältere Dame von schätzungsweise siebzig. Sie zeigten sich ziemlich enttäuscht, dass ich nicht die von ihrem Reiseveranstalter avisierte Reiseleiterin war. Eifrig versuchte ich, ihre Bedenken auszuräumen, da ich Land und Leute durch meinen Aufenthalt im Lande gut kannte. Von den Vorträgen, die ich organisiert hatte, berichtete ich, wobei gleich heute Abend der erste stattfinden sollte – sie schauten mich frustriert-fragend an. Im Islander Hotel wurden die Zimmer belegt. Beim Lunch ergab sich eine lebhafte Unterhaltung über dieses heiße Land, das die Gruppe nun gemeinsam bereisen sollte. Als ich hörte, welche Länder die Mitglieder meiner Reisegruppe bereits bereist hatten, fühlte ich mich etwas entmutigt, wie eine Landpomeranze, die sich gerade mal in Südostasien ein wenig auskannte.


Nach dem Lunch war eine Stadtrundfahrt durch Port Moresby angesetzt, bei der ich beschämt zugeben musste, dass sie auch für mich neu war, danach ein Besuch des Nationalmuseums. Am Abend kam Willi ins Hotel und hielt einen ausgezeichneten Vortrag über das Leben in Niugini zwischen Steinzeitalter und Postmoderne. Dass er das ehrenamtlich und mir zuliebe tat, wurde von der Gruppe billigend als ihr gutes, ihr zustehendes Recht aufgenommen.


Ich musste gleich am ersten Abend erkennen, mit welcher Spezies Mensch ich es zu tun hatte: hier waren Landsleute, die glaubten, die Welt gesehen zu haben. In ihnen war keinerlei Bewusstsein dafür, dass sie jeweils nur aufgenommen hatten, was ihr Reiseveranstalter für sehens- oder vermittelnswert hielt. Sie hatten Länder bereist, von deren Existenz ich nur am Rande einmal gehört hatte, und ich fühlte mich wieder so richtig als buskanaka bei ihren eifrigen, einander übertönenden Erzählungen. Für solche Menschen konnte nicht zählen, dass ich im Busch gelebt hatte, und schon gar nicht das „Wie“; sie wollten für das viele Geld, das sie bezahlten, Exotik pur aufgetischt bekommen, und zwar nach Möglichkeit auf silbernen Tellern. Oh, Wilma, dachte ich, sie haben den weitesten Weg zurückgelegt