Geister

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Besuch des Hauses der Ahnengeister

Unspektakuläre Besichtigungstour

Erinnerungsfotos der Reisen nur von Touristen

Weiter flussauf in Angoram tauchte ein riesiges Haus Tambaran auf, ein Haus des Ahnengeisterkults, von denen im Sepikgebiet unendlich viele existieren. In diesem wurden Schnitzereien aus dem gesamten Gebiet des Sepik zum Verkauf angeboten, es war eigens dafür errichtet worden und hatte mit den ursprünglichen Ahnenkulthäusern nur den Namen gemein. Von besonderem Interesse waren hier die story boards, geschnitzte Bilder, die eine Geschichte erzählten. Natürlich besuchten wir auch das Dorf Kambaramba, von dem ich schon viel gehört hatte. Seine Häuser ruhten alle auf Holzpfählen im Wasser. Bis vor einigen Jahren hatten die Frauen des Dorfes den Lebensunterhalt der Familien durch Prostitution bestritten. Die Regierung und die im Sepikgebiet hauptsächlich präsente Katholische Mission hatten dies durch Umsiedlung in Dörfer mit Land zu unterbinden versucht, aber heute noch wurden die Frauen des Dorfes Tu-Kina-Meri, Zwei-Kina-Frauen genannt.


Wir bekamen gezeigt, was das Sepikgebiet aufzuweisen hatte. Wir sahen Dörfer wie Tambanum, in dem Margaret Mead lange Zeit mit ihrem zweiten und dritten Ehemann gelebt hat. Im Töpferdorf Aibom lernten wir die Mutter von James kennen. In Timbunke konnten wir den Frauen bei der langwierigen, mühsamen Arbeit zusehen, welche die Gewinnung von Sago bedeutet, als sie aus dem inneren Mark der Palmen die mehlartige Substanz gewannen, die im Sepikgebiet das Grundnahrungsmittel ist. Immer war alles gespickt mit Jans Hinweisen, wie: "In diesem Dorf dürfen beim Betreten des Haus Tambaran Frauen auf keinen Fall die Holzplanken davor betreten, um die Geister der Ahnen nicht zu vertreiben", "Dort alle die Hüte abnehmen", oder "Bitte hier nicht die Kinder berühren, da die Mütter befürchten, der Geist des Kindes werde verschwinden".

Wir kamen auch in Dörfer, deren Haus Tambaran außer interessant geschnitzten Holzpfosten am Eingang und vielleicht noch einem reich mit Ornamenten verzierten Rednerstuhl so gut wie nichts zu bieten hatten, worüber sich Frau Macks laut empörte. Noch immer war ich in ihren Augen die „kleine Missionarsfrau“, die sie gerne mit Fragen nach der Einwohnerzahl der Dörfer oder der Größe eines Sees bloßzustellen versuchte. Oft dachte ich voller Ingrimm: hättest du mal besser eine Tour durch deutsche Völkerkundemuseen gebucht, dann wärst du eher auf deine Kosten gekommen.


In den Chambri Seen flogen vor unseren Schnellbooten Königsreiher und Lilienhüpfer auf, wir trafen auf Gruppen von bunten Enten; Kormorane und schwarze Kakadus mit ihren heiseren Schreien flogen über uns hinweg, Krokodile tauchten vor unseren Booten fort und verschwanden im Wasser – es war nach der Kreuzfahrt von Insel zu Insel wie die Entdeckung einer anderen Welt. An einem Abend ankerten wir nahe dem Dorf Avatip, wo Jan eine besondere Überraschung vorbereitet hatte: an Bord kam eine Gruppe der Dorfmänner, um die Gesichter von fünf willigen „Opfern“ genau wie die Holzmasken, die sie herstellten, zu bemalen. Ich gehörte natürlich zu den Ersten, die sich als Opfer anboten, wollte ich auf meine Art doch auch so viel wie möglich aus dieser Reise für mich herausholen, wenn ich mich schon ständig von einer Hexe demütigen lassen musste.


Wieder hatte ich bewusst meine Kamera zu Hause gelassen, da ich die Erinnerungen mit meinen Augen aufnehmen wollte – ich habe aber trotzdem viele Fotos von dieser Reise, da mich die Mitglieder meiner Gruppe reichlich damit belieferten. Immer wieder fand ich Entspannung bei Ina und Max, die mir rieten, die „oide Hex“ am besten gar nicht zu beachten. Oder der Koch Boaz schickte mir durch James, den Steward, einen Teller mit einer besonders reichlichen Portion – ich könne es brauchen, wurde mir in Tok Pisin zugeflüstert.