Traumhaft

Body: 

Amron – unsere Station

Endlich, wirklich unser Haus

Erfüllung gefunden im Paradies

Michaels Kollege, Pastor Gatedai, kam früh am Morgen mit einigen Studenten, die während der Ferien in Amron geblieben waren, um auf einem pickup, einem Kleinlaster mit offener Ladefläche, unsere Überseetonnen nach Amron zu bringen. Dieser Mann aus der Gegend um Madang mit seinen großen, samtenen Augen war mir auf Anhieb zutiefst sympathisch. Und, wie das ja oft der Fall ist, stellte sich die Sympathie als gegenseitig heraus. Sein Sohn Luta wurde Amos` Freund, seine Tochter Aina Jannas Freundin. Wir folgten dem Pickup die Küstenstraße entlang, an riesigen Kokosplantagen vorbei bis zur Abzweigung nach Amron. Ich wies die Kinder auf eine Fächerpalme hin, oben auf dem Hügel vor dem Haus, das unseres werden sollte. Dieser Anblick kam mir von unten wie die Erfüllung meines Südseetraumes vor. Gatedai stieg neben einem Hain mit Sagopalmen aus und zeigte auf die „Straße“, die eher aussah wie eine sich bergauf schlängelnde Schlammpiste. Er deutete auf die tiefen Rinnen, die der Regen in die Erde gespült hatte und erklärte, hier müsse man immer entscheiden, ob man die Gräben namelim o saitim, mittig oder seitlich, befahren solle. Egal, dachte ich, wir sind endlich aus dem komischen Weißenviertel heraus, der Vierradantrieb schafft das schon. Und das tat er auch. Anstandslos kletterten wir den Hügel hinauf, an Kaffeebäumen und auf halber Höhe einem Flammenbaum vorbei, bis wir vor „unserem“ Haus, das auf einer Landzunge in luftiger Höhe thronte, hielten.

Mich zog zunächst einmal gar nichts in das Haus hinein. Beglückt von der Lage und der Schönheit der Umgebung wanderte ich um das Haus herum. Die Rasenflächen glänzten nach dem in der Nacht gefallenen Regen in sattem Grün – das war kein Garten sondern ein Park. Ich kam mir vor wie im Paradies, hier wuchs alles, was man sich nur wünschen konnte. Neben dem Haus lag das übliche offene Waschhaus mit einer angebauten Garage, daneben das Mädchenhaus, davor Orchideenbeete mit üppig blühenden Orchideen in rosa und lila Tönen. An der Seitenwand wuchsen knallrote Canna, gleich daneben waren Frangipani und ein Lippenstiftstrauch sowie ein ginsterartiger Korallenstrauch auf der hügeligen Rasenfläche verteilt, die in einer unglaublichen Farbenvielfalt blühten. Am Rande des Abhanges stand ein Pomelobaum, während in kleinen, mit Steinen eingefassten Rundbeeten vor dem Haus ein dunkelrot blühender Ingwer mit glänzenden, dunkelgrünen Blättern gedieh. Ich schritt weiter am Haus entlang, an Flaschenpalmen und Sträuchern vorbei, bis zu einem riesigen Mangobaum, der satt voller reifer Früchte hing. Und dann, hinter dem Haus am Ende der Landzunge, sah ich endlich die von unten bestaunte Fächerpalme. Ihre Wedel bewegten sich flüsternd in der leichten Meeresbrise. Es schien mir wie eine Verheißung – diese Palme wurde für uns später das Wahrzeichen von Amron. Neben der Fächerpalme wuchsen Bouganvilleas in Rosa, Lila und blassem Gelb. An der Rückseite des Hauses erhoben sich zwei Limonenbäume, behangen mit kleinen, dünnschaligen grünen Früchten. Neben der Betonzisterne und den darüber auf Betonpfosten stehenden Regenwassertonnen konnte ich in der feuchten Erde Büschel aus Frauenhaarfarn erkennen. Nun hatte ich das Haus umrundet. Neben der Eingangstreppe war ein Peperonistrauch gepflanzt und auf der anderen Seite ein lip tanget-Busch, jener Busch, den die Begesins für Zauber verwendet hatten, daneben ein großer rosa blühenden Oleander. Ich schaute die kleine Treppe zur überdachten Veranda der Küchentür hoch und dachte: "Hier werde ich mit meiner Familie leben, hier werden wir glücklich sein."