Von Prince Arthur bis zum Mont-Royal
Unterwegs in Montreal
Von Prince Arthur bis zum Mont-Royal
Einige bemerkenswerte Restaurants in den parallel verlaufenden Straßen Saint-Laurent und Saint-Denis sowie in den davon abzweigenden Straßen. M. "Sherbrooke" und "Mont-Royal". Ein Stadtteil, der gewissermaßen als Midtown Montreals bezeichnet werden kann, was im amerikanischen Englisch bedeutet, dass dieser Stadtbezirk am Rande der Stadtmitte liegt. Noch weitgehend unberührt vom Fremdenverkehrsrummel, hat sich diese Gegend ihr althergebrachtes, von den Bewohnern geprägtes Gesicht bewahrt. Dieser Abschnitt von Saint-Laurent schneidet sogar teilweise den portugiesischen Stadtbezirk Montreals. Vor einigen Jahren noch galt die Rue Prince-Arthur als hohe Stätte der Montrealer "In"-Treffs. Heute kann davon nicht mehr die Rede sein: die Straße scheint durch den Touristenrummel ihre Persönlichkeit eingebüßt zu haben. Das gleiche gilt für die Rue Duluth, die vor wenigen Jahren überquoll von netten, kleinen eigenwilligen Restaurants und griechischen Tavernen; in beiden Straßen wird man heute den Eindruck nicht los, dass lediglich eine Art Mythos aufrechterhalten wird, bar jeder Originalität. Jetzt kämpfen, nachdem im üblichen Stil kräftig saniert wurde, nur noch etwa zehn griechische Lokale verbissen um Kundschaft.
Preiswert
La Binerie Mont-Royal: 367, Rue Mont.-Royal, T. 285-90 78. Bewirtung von 6 bis 22.15h, samstags bis 14h. Sonntags Betriebsruhe. Eine der wenigen echten Bineries in Montreal, die aus der guten alten Zeit übriggeblieben sind. Bineries sind jene kleinen Viertelslokale, die es noch vor wenigen Jahrzehnten verstanden, eine anständige, für die Provinz Quebec typische Mahlzeit fast geschenkt auf den Tisch zu zaubern und damit an harten Wintertagen Leib und Seele zu stärken. Die meisten haben sich heute den gängigen Trends unterworfen und damit auch ihre Speisekarte gründlich umgekrempelt. Umringt von nackten Wänden nimmt der Gast an einem der wenigen Tische oder häufiger noch an der Theke auf einem Aluminium-Hocker im Stil der vierziger Jahre Platz. Die Kundschaft setzt sich vor allem aus Künstlern, Arbeitern aus dem Viertel, notorisch in Geldsorgen steckenden Zeitgenossen und Stammkunden zusammen. In erster Linie verlocken die Bines zur Einkehr, Saubohnen mit Speck, von denen das Restaurant über zwanzig Tonnen pro Jahr verbraucht, sowie Rindfleisch mit Kraut oder mit Saubohnen, Fleischpasteten, verschiedene Blechkuchen und Desserts mit so ungewöhnlich klingenden Namen wie Pudding chômeur (etwa "Arbeitslosen-Creme") und Blanc-mange (etwa "Gericht für völlig Abgebrannte"). Pro Mahlzeit müssen höchstens fünf bis sechs Dollar eingerechnet werden. Worauf warten wir noch?
Bambou-Bleu: 3985, Rue St.-Denis, T. 845-14 01. Täglich Bewirtung von 16 bis 23.30h. Ausgezeichnetes vietnamesisches Restaurant mit gemäßigten Preisen. Der äußere Rahmen wirkt geradezu erfrischend: in zartem Rosa gehaltene Backsteinmauern, viele Grünpflanzen sowie raffiniert verhüllte Lampen. Allein das elegante Drumherum lohnt den Preis von ungefähr elf Dollar, für den eine würzige Suppe, ein Rind- oder Hühnerfleischspießchen, ein Krabbenspieß, Reis, Salat und Tee auf den Tisch kommt.
Jano: 3883, Bd. St.-Laurent, Ecke Roy, T. 849-06 46. Jeden Tag außer Sonntag ab 12h bis etwa 1 oder 2h zu Diensten. Das einfache portugiesische Speiselokal serviert sättigende Leckerbissen aus dem Ribatejo: gegrillter Hase, Spießchen, Spare ribs (Schweinerippchen), portugiesische Wurst, auf Holzkohlen zubereiteter Fisch und dergleichen mehr. Gemütliche Atmosphäre und freundliche Bedienung.
Shed Café: 3515, Bd. St.-Laurent, T. 842-02 20. Terrasse von 8 bis 23h geöffnet; drinnen geht´s bis 3h weiter, freitags und samstags sogar bis 5h. Eine der Zwischenstationen für Szene-Gänger: in dem verrückten Treiben gibt´s bei fetziger Musik jede Menge auffallende Gesichter zu entdecken. Wer die Postmoderne in der Einrichtung sucht, wird hier fündig. Die Küche legt Wert auf Qualität zu vernünftigen Preisen. Aufgetischt werden bunt belegte Vollkornbrötchen (Schinken, Käse, Frischkäse, Nüsse und Schnittlauch), herzhafte Torten mit Meeresfrüchten, Krabben-Toasts, Thunfisch-Toasts, Hamburger und verschiedene Salate. Auf jeden Fall muß noch Platz sein für einen Nachtisch, beispielsweise für einen leckeren Schokoladen-Mandarinen-Kuchen oder für Clafoutis, eine Süßspeise aus Eierkuchenteig mit Kirschen, oder den Shortcake mit Himbeeren. Unter der Woche herabgesetzte Preise für Getränke in der Zeit von 16 bis 20h.
Schwartz´s: 3893, Bd. St.-Laurent (und Napoléon), T. 842-48 13. Publikumsverkehr täglich von 9 bis 1h, freitags bis 2h und samstags bis 3h. Das beste jüdische Lokal in Montreal. Unmöglich, es zu verfehlen: schon vor den Öffnungszeiten drängt sich gewöhnlich eine Menschentraube vor der Tür. Für einen Tisch werden manchmal lange Wartezeiten in Kauf genommen. Die Theke scheint sich unter den Mengen an geräuchertem Fleisch und den großen, mit eingemachten Paprika gefüllten Gläsern zu biegen. Ein netter Zeitvertreib besteht darin, die alteingesessenen und leicht verstaubt wirkenden Einheimischen, die sich gewöhnlich an fetter Seezunge laben, Seite an Seite mit den neuerdings auftauchenden, dem Zeitgeist angeglichenen Jungvolk oder dem schicken Mittelstand zu beobachten. An den Wänden zeugen Zeitungsartikel und Zeichnungen vom Bekanntheitsgrad des Restaurants.
Restaurant Mazurka: 64, Rue Prince-Arthur, T. 844-35 39. Täglich bis 1h geöffnet. Das polnische Lokal wird auch hauptsächlich von Polen besucht. Wer schmackhaft, billig und reichlich essen möchte, hat mit dem Mazurka die richtige Wahl getroffen.
Mittlere Preislage
Santropol: 3990, Rue St.-Urbain, Ecke Duluth. Bewirtung dienstags, mittwochs und donnerstags von 11.30h bis Mitternacht. Montags Ruhetag. Ein stark frequentiertes Lokal, obwohl es unter die Rubrik "Insider-Treff" rutschen könnte und zudem vegetarische ausgerichtet ist (was unter Einheimischen als "granola" bezeichnet wird). Innen witzig und bunt gestaltet. Der gemütliche Innenhof verbreitet ländlich-idyllisches Flair. Verschiedene Kaffeesorten: unter anderem mit Himbeer- und Aprikosengeschmack! Teeliebhaber wählen unter sechzig verschiedenen Schwarz- und Kräutertees. Hausgemachte Milchshakes und belegte Brötchen, zum Beispiel mit viel Thunfisch, runden das Angebot ab. Auch mal den Käsekuchen versuchen!
L´Epress: 3927, Rue St.-Denis, T. 845-53 33. Die belebte Kombination aus Kneipe und Restaurant im Stil einer Pariser Brasserie bleibt jeden Tag bis 2h geöffnet. Außer den zahlreichen Künstlern kehren vor allem die Dreißig- bis Vierzigjährigen hier ein. Das Express zählt zu den wenigen Restaurants, denen es gelungen ist, sowohl ihre Güte als auch ihre Stammkundschaft über Jahre hinweg beizubehalten. Vernünftige Preise im Verhältnis zum gehobenen Anspruch des Restaurants. Nicht übel auch der Weinkeller, der zu den bestsortierten in Montreal gerechnet wird, sowie die leckeren Desserts, beispielsweise der Birnen-Himbeer-Becher und der Indulgent-Kuchen. Für abends am besten vorbestellen.
Le Jardin de Panos: 521, Rue Duluth Est, auf dem Plateau Mont-Royal; T. 521-42 06. Täglich bis Mitternacht geöffnet. Die griechischen Tellergerichte lassen sich auf einer im Sommer besonders angenehmen Terrasse genießen. Obwohl die Küche keine außergewöhnlichen Höhepunkte bietet, zählt sie doch zu den besten ihrer Art; weitere Pluspunkte: lockere Atmosphäre und christliche Preise.
Schicker
Laloux: 252, Av. des Pins Est, zwei Häuserblocks von der Rue St.-Denis, T. 287-91 27. Aufgetischt wird täglich von 12 bis 22.30h, am Wochenende bis 23.30h. Das schlichte und elegante Innere lockt namentlich Yuppies und feiner gekleidete Zeitgenossen an. Immer wieder witzig zu beobachten sind die gewandten Kellner, die in ihrem "klassischen" Aufzug mit langen weißen Schürzen die großen Eisbecher mühelos an den entferntesten Tisch balancieren. Der hier einfallsreichen Nouvelle Cuisine noch mal eine Chance geben: immerhin liegt hier auch mengenmäßig etwas auf dem Teller. Die Karte könnte umfassender sein; zu empfehlen sind derzeit unter anderem Hasenbraten im Teigmantel mit Pfeffer, ein Gaspacho mit Krustentieren, mehrere Fische mit Vanille und wieder mal zartes Kalbsbries in Rotwein Ein Genuß! Mittagessen zu akzeptablen Preisen. Auswahl an exzellenten Tischweinen.
Sehr fein
Moishes: 3961, Bd. St.-Laurent, im ersten Stock, T. 845-35 09. Für Steak-Freunde eine der ersten Adressen Montreals. Elegante Einrichtung, weiße Servietten, bemalte Wände. Flinke und liebenswürdige Bedienung. Obwohl die meisten Gäste Geschäftsleute oder Politiker sind, herrscht keine steife Atmosphäre. Kenner laben sich hier an einer feinen Küche; vor allem das gegrillte Fleisch ist zu empfehlen. Einziger Haken an der Sache: der Preis. Unbedingt vorbestellen.
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