Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Stewart

Body: 

Mit Pferden und Kuhglocken gegen Bären in der Stadt

Rast in Hyder, Alaska

Meziadin Junction

Auf der Weiterfahrt beschließen wir, wieder nach Hyder in Alaska zu fahren, um zu schauen, wieviel Bären wohl diesmal anwesend sind. Wir haben ausgesprochenes Pech. Die eine Lachsart ist gerade abgezogen und die nächste noch nicht angekommen, so dass es nur einzelne Fische gibt und somit auch nur ganz vereinzelt Bären. Allerdings ist ganz Hyder in Aufruhr, da am Abend zuvor eine Grizzly-Bärin mitten in den Ort gekommen war, um die Mülleimer auszuräubern. Von einem Einheimischen erfahren wir, dass die Bärin hinten im Tal wohne und „a bad grizzly“ sei, also ein böser Bär, von dem man sagt, dass er keine Angst vor Menschen habe. Das gibt früher oder später immer Probleme, und der Bär muß dann entweder in die weit entfernte Wildnis umgesiedelt werden oder, falls er wirklich Menschen angreifen sollte, erschossen werden. Am Fish Creek sind zwei aufgeregte Ranger unterwegs, ausgerüstet mit Sprechfunkgeräten, die dafür sorgen, dass die Besucher die vorgeschriebenen Wege wirklich nicht verlassen. Sie überwachen jeden Schritt eines auftauchenden Bären, damit sie rechtzeitig eingreifen können, falls der Bär zudringlich werden sollte. Wir halten uns lange am Fish Creek auf, sammeln von den Rangern jede Menge Fachwissen über die Bären, sehen aber leider nur zwei fünf bis sechs Jahre alte Schwarzbärinnen. In der Ortschaft Hyder sehen wir tagsüber ein paar Pferde, die angepflockt sind, mit riesengroßen „Kuhglocken“ um den Hals, deren Geschepper die Bären abschrecken soll.

Seit unserem letzten Urlaub gibt es zwei weitere Camp Grounds in dieser Region, und wir beschließen in Hyder zu übernachten. Für Truckcamper wie den unsrigen gibt es nur ein einziges ausgewiesenes Gebiet, und wir melden uns wie gefordert an der Rezeption einer Bar an. Dann fahren wir zu dem Platz, der uns zugewiesen wurde und stellen mit Entsetzen fest, wo man uns hin verfrachtet hat: Unser Platz liegt genau auf dem Weg, den die Grizzly-Bärin am Vortag zu besagten Mülleimern genommen hatte. Recht wohl ist keinem von uns bei dieser Sachlage. Wir stellen uns so dicht wie möglich an das nächstgelegene Gebäude und machen zuerst einmal ein Lagerfeuer. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass es zu spät ist, um noch weiterzufahren. Wir verzichten auf das obligatorische Grillen und machen uns lieber ein paar gute italienische Nudeln im Innern des Campers. Danach erkunden wir die Umgebung und finden einen von Menschen weggeworfenen Plastikbeutel mit Krabbenresten, nicht weit von unserem Camper entfernt. Das ist ein sicheres Mittel, einen Bären anzulocken, und steht aus diesem Grunde, zumindest in B. C. unter Strafe.

Statt uns lange am Camp-Feuer aufzuhalten, beschließen wir, lieber in eine der vielen Kneipen noch ein oder zwei Bierchen trinken zu gehen, bevor wir zu Bett gehen. Besonders gut schlafen wir in dieser Nacht beide nicht. Es ist mondhell, und die Umgebung ist gut zu erkennen. Aber Gott sei Dank fällt nichts Besonderes vor, und nach einem schnellen Frühstück verschwinden wir, nicht unbedingt ausgeschlafen, aus dieser Region und fahren wieder zurück auf den Cassiar Highway. An der Meziadin Junction, der Kreuzung, an der wir auf den Cassiar Highway auffahren, besichtigen wir einen wunderschönen Camp Ground, der am Meziadin Lake liegt und merken sogleich, dass wir wieder in der Zivilisation gelandet sind. Wir stellen fest, dass Samstag ist; es sind zwar kaum Touristen unterwegs, aber viele Kanadier, die gerne am Wochenende mit ihrem Camper eine Tour unternehmen. Unterwegs beschließen wir, an unserem See vom ersten Urlaub Rast zu machen, um uns über unsere weitere Tour klar zu werden. Wir sehen, dass es tatsächlich eine Möglichkeit gibt, für gewisse Zeit den Trubel zu umgehen, auch wenn wir uns wohl oder übel weiter nach Süden bewegen müssen, aber wir könnten vom Highway abfahren und über eine Forestry Road ins Hinterland gelangen, wo es einige Sehenswürdigkeiten geben soll.