Cassiar Highway
Ab in die Wildnis
Bärwarnungen in der Ödnis
Übernachten im Grizzlygebiet
Wir kehren um, um nach Hazelton zurückzufahren und den Cassiar Highway einzuschlagen, der vom Yellowhead Highway ab nach Norden führt. Wir stehen an der großen Kreuzung, tanken noch einmal und bestaunen das Schild: North to Alaska. Wir lesen dabei die genaue Beschreibung des Golden Circles: Dieser Acht-bis-neun-Tages-Trip führt durch eine rauhe nördliche Szenerie und umfaßt Wildnis mit Bergen und Seen, fruchtbares Farmland und städtische Zentren. Highlights: das Küstengebirge und die Rocky Mountains, Gletscher, Totempfähle, Geisterstädte, heiße Quellen, gute Plätze zum Fischen und vieles mehr.
Uns wird klar, dass wir an dem Wildnisteil der Strecke beginnen und die Städte auf dem geplanten Rückweg am Alaska Highway liegen. Da stehen wir nun auf der großen Skeenabrücke, von der ab nördlich die Wildnis beginnen soll. Ehrfürchtig schauen wir gen Norden und beglückwünschen uns zu unserer Entscheidung.
Tierforscher bezeichnen dieses Gebiet als die Serengeti des Nordens. Hier gibt es noch eine gewaltige Reserve an Wildnis und zahlreiche Wildtiere, die hier in Gebieten leben können, in die kein Mensch auch nur einen Fuß setzt. Nur wenige Straßen führen durch dieses Gebiet, genau gesagt, führt der Cassiar Highway an einer Seite entlang, der Alaska Highway auf einer anderen und einige Wege ziehen sich ein mehr oder minder kleines Stück hinein, aber hindurch gibt es Gott sei Dank keinen Weg. So bleibt vielen Tieren noch ein gewaltiges Rückzugsgebiet vor dem Menschen.
Ein paar Kilometer weiter schauen wir uns die Indianersiedlung Kitwancoal an, wo man besonders schöne Totempfähle bewundern kann. Wir stellen fest, dass die Gebäude immer einfacher und die Gärten immer spartanischer werden, sofern überhaupt welche vorhanden sind. Man kann auch sagen, dass manche Häuser einen äußerst lieblosen Eindruck machen. Wir fahren immer weiter nach Norden. Die Berge kommen näher und der Verkehr nimmt ab der Kreuzung extrem ab, nur noch ab und zu begegnet uns ein Camper.
Wir schauen uns an, genau das ist das richtige für unser Gefühl, das ist es, was wir eigentlich suchen. Der Wald schiebt sich wieder bis an die Straße heran, die obwohl sie sich Highway nennt -, nicht mehr als ein Schotterweg ist, mehr oder weniger ausgefahren, aber bei trockenem Wetter sehr gut befahrbar. An den offiziellen Halteplätzen, die es hier gibt, meist mit Hinweistafeln versehen, tauchen die ersten Bärenwarnungen auf. So langsam wird uns doch etwas mulmig zumute, denn ein aggressiver Bär kann durchaus den Camper derart beschädigen, dass er ins Innere kann, und da unser Truck ja keine Verbindung zum Camper hat, wie das bei Wohnmobilen der Fall ist, ist das keine angenehme Vorstellung. Aber wir sagen uns, dass sich im Prinzip sehr wenige Bärenunfälle ereignen, die wirklich schlimm enden, und warum soll ausgerechnet uns......
Weiter geht es gen Norden, und wir sind begeistert von der rauhen Schönheit und Verlassenheit des Landes. Am Nachmittag fahren wir von der Straße ab, um eine kurze Rast zu machen, und stellen fest, dass wir wohl auf einem ab und zu benutzten Platz, am Ufer eines kleinen Sees, stehen. Der See ist rundum wunderschön eingewachsen, und vielleicht bekommen wir hier endlich einen Elch zu Gesicht. Auf der Seite zur Straße hin, wo wir im Moment stehen, muß schon jemand vor uns gecampt haben, denn man kann die Reste einer Feuerstelle sehen. Wir schauen uns genauer um und finden, dass dies hier ein schöner Platz zum Übernachten ist, obwohl wir uns das erste Mal nicht nur in Schwarzbär-, sondern auch in einem Grizzlygebiet befinden.
Wir stellen den Camper ein Stück entfernt neben die Feuerstelle, wo alles gut zu überblicken ist und nehmen dann die Gelegenheit wahr, im See baden zu gehen. Am Waldrand suchen wir anschließend trockenes Feuerholz fürs Lagerfeuer, vermeiden es aber vorsichtshalber zu weit in den Wald hinein zu gehen. Wir beschließen zur Sicherheit nichts besonders stark riechendes auf dem Grill zu brutzeln, sondern bereiten uns lieber italienische Nudeln im Camper zu und verspeisen sie auch gleich dort, da wir meinen, dass dieser Geruch für Bären wahrscheinlich nicht so interessant sein wird, wie der von frisch gegrilltem Fisch oder Fleisch.
Wir genießen die Ruhe und Ursprünglichkeit des kanadischen Nordens und gehen wieder einmal viel früher ins Bett als zu Hause. Der Jetlag ist längst vorüber, aber wir haben uns daran gewöhnt, viel mehr mit der Natur zu leben. Wenn es hell wird, stehen wir auf und frühstücken in aller Ruhe, räumen auf und packen zusammen, um dann gemütlich weiterzufahren. Trotz der vielen Wanderungen und Raststellen tagsüber haben wir bis zum Nachmittag immer eine lange Strecke zurückgelegt und halten dann nach einem schönen Camp Ground Ausschau.