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Alberta

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Promenade der Gletscher

Banff und Jasper National Park*

Ausflug auf den Athabasca-Gletscher

Nach dem Frühstück verstauen wir das Geschirr bruchsicher und fahren wieder auf den Highway 1 inmitten des Banff-Naturparks. Der Banff National Park ist 673 km2 groß und wurde 1885 gegründet. Er ist der 1. Nationalpark von Kanada. Rechts und links erheben sich die Berge zu einem gigantischen Panorama. Auf dem Highway gibt es morgens noch wenig Verkehr, da die Familien mit Kindern erst später aufbrechen. Hier und da kommt uns ein Camper entgegen, oder ab und zu ein großer Truck, da diese Parkroute durchaus auch für den Schwerlastverkehr eine wichtige Nord/Südverbindung darstellt.

Die Sehenswürdigkeiten in den Naturparks von Alberta und British Columbia sind sehr gut beschildert. Rechts und links vom Weg stehen immer wieder Hinweistafeln, die einen zum Anhalten und Besichtigen animieren. Auch die Gipfel der Rockies sind darauf aufgeführt, die Gesteinsformationen beschrieben und/oder die Fische in den Flüssen und Seen. Immer wieder gibt es interessante, beschriftete Wanderwege, die durch das Gebirge führen oder auch nur bis zum nächsten Canyon.

Selbst vom Highway aus kann man gut das Panorama der ersten Gletscher bewundern. Wir stehen am Wegrand und können uns nicht satt sehen an den schneebedeckten Gipfeln und den Gletscherzungen, die zu Tale führen, um dort in jadegrüne, glasklare Seen zu münden. Die Straße wird zu Recht „Promenade der Gletscher “genannt. Wir sind uns sicher, dass dies der Höhepunkt unseres Urlaubs sei.

Aber dies erweist sich als Irrtum: Kurz darauf halten wir am Ufer des Bow Lakes an, der auf 1940 Meter Meereshöhe liegt. Sprachlos stehen wir am Rande des Sees, um dieses Naturschauspiel anzusehen. Ein wunderschöner, grüner See und weit entfernt am anderen Ufer kann man das knallrote Dach einer Lodge sehen. Dahinter steigen die Berge an, erst tiefgrün bewaldet, um dann in entsprechender Höhe in karge, waldlose, schneebedeckte Gipfel überzugehen.

Auf dem weiteren Weg gibt es bald ein Schild, das auf den Mistaya Canyon hinweist. Der 500 Meter lange Weg dorthin ist gesäumt von wunderschönen Wildblumen in den interessantesten Farben. In der Schlucht angekommen, können wir bestaunen, was die Kraft des Wassers bewirken kann. Der Mistaya River bahnt sich seinen Weg durch eine enge, gewundene Schlucht. Das Wasser fließt nicht, sondern schießt geradezu durch den Canyon und bildet dabei gurgelnde, schäumende Verwirbelungen. Im Laufe der Jahrzehnte ist der Fels an vielen Stellen ausgehöhlt worden und da der Wasserstand im Gebirge je nach Jahreszeit ganz unterschiedlich hoch sein kann und sich der Fluß mit der Zeit auch immer weiter in das Gestein hineinfrißt, befinden sich viele dieser Löcher sichtbar am Rande der Schlucht. Ein grandioser Anblick.

Langsam und gemütlich fahren wir weiter gen Norden und können uns an den vielen Bergen und Flüssen kaum satt sehen. Am Saskatchewan River, der hier im Sommer nur noch ein Rinnsal inmitten eines riesigen Flußbettes ist, machen wir Station und wandern durch das große, nahezu trockene Flußbett. Auf dem trockenen Kiesbett des Flusses blühen zahlreiche Blumen in Pink und Gelb. Dazwischen entdecken wir, wo der Boden etwas sandig ist, hier und da Tierspuren.

Danach geht es weiter hinauf zum Sunwapta-Paß. In langgezogenen Kurven windet sich der Highway in die Höhe und die Berge seitlich der Straße kommen immer näher, bis sich der Athabasca-Gletscher nahe der Straße befindet. Wir nähern uns dem Columbia Icefield, einem riesigen Gletscherareal, das 336 km2 groß ist und aus acht Gletscherzungen besteht, die nach allen Seiten gehen. Die riesige Gletscherzunge, die weit genug hinabreicht, um sie ohne Mühe näher bestaunen zu können, ist der Athabascar Glacier. In einem großen Informationszentrum für Touristen schauen wir uns das Modell dieses Gletschergebietes an und nehmen die Gelegenheit wahr, mit einem speziellen Bus, der bis auf die Gletscherzunge fährt, einen Ausflug zu machen.

Auf die Besucher warten Spezialbusse, die äußerst geländegängig sind und riesige Reifen besitzen, die etwa ein und ein halber Meter hoch sind. Wir fahren über ödes, eisfreies Land auf den Gletscher zu. Die Busse sind dafür ausgerüstet, bis auf die Gletscherzunge zu fahren, was nicht unbedingt ungefährlich ist, da sich die Gletscherlage, beziehungsweise diverse Eis- und Wasserlöcher ständig ändern. Auf der Gletscherzunge hält der Bus und wir können uns zu Fuß umsehen. Wenige Leute können von sich behaupten, einen Gletscher schon einmal von so nahe gesehen zu haben. Buckelig wölben sich die Eismassen unter den eigenen Füssen und es gibt Wasserlöcher, von denen man nicht einmal ahnen kann, wie tief sie sind. Auf dem Eis wird es schnell verdammt kalt. Dazu kommt, dass ein eiskalter Wind vom Gletscher herabweht. Die Sonne versteckt sich in der Zwischenzeit und im Hintergrund geht der Gletscher allmählich in Nebelschwaden unter.

Etwas durchgefroren machen wir uns auf die Weiterfahrt und bleiben erst bei den nächsten Wasserfällen, den Sunwapta Falls stehen. Hier stürzen brodelnde Wassermassen in eine Kalksteinschlucht, die sich im Laufe der Zeit schon meterweit durch das Gestein gefressen haben. Auch an den 23 Meter hohen Athabasca-Wasserfällen, deren Canyon durch Eisenoxid rotgefärbte Wände besitzt, können wir nicht vorbeifahren, ohne an ihrem Ufer zu stehen, um dieses Naturspektakel zu bewundern. Der Athabasca River ist an dieser Stelle ein breiter Fluß, und dementsprechend gewaltig fallen hier die Wasserfälle aus. Das Flußbett nahm in früheren Zeiten einen anderen Weg als heute, und so hat man die Möglichkeit, im alten Flußbett zu dem neuen Ufer zu laufen.

Rechts und links ragen die Felswände um ein Vielfaches der Körpergröße eines Menschen empor. Jedem einigermaßen empfänglichen Menschen wird hier sehr schnell die überwältigende Naturgewalt klar und man fühlt sich nur noch als kleines Rädchen in einem großen Universum. In Deutschland gibt es sicherlich große Flüsse, die durchaus auch beeindruckend sind, aber kein Vergleich zu den Strömen, die hier durch das Land fließen. Stundenlang kann man am Ufer solcher Flüsse stehen bleiben und staunen.