Neubesetzung

Body: 

Starke Konkurrenz

Teilen? – Keineswegs

Bewerbung abgeschickt – Wochen des Wartens beginnen

Wie gewohnt brachte ich Janna mit den Kindern aus Baitabag zur Schule und ging hinterher bei Steamships in Madang einkaufen, weil mir Roswitha berichtet hatte, dort gebe es gerade frisch eingetroffenes, sauberes Mehl zu kaufen. Im Aufschauen entdeckte ich, neben mir vor einem Regal stehend, Shirley, eine Amerikanerin, die für mehrere Monate nach der Holländerin das Lutheran Guest House geleitet hatte. Sie erzählte, ihre Zeit hier sei fast abgelaufen, sie werde bald in die USA zurückkehren. Ich sah dieses Haus vor mir, in dem wir unsere ersten wenig erfreulichen Tage im Lande gelebt hatten, und dachte: das wäre es eigentlich, aus diesem Haus könnte ich mir vorstellen, etwas zu machen. Voller Unruhe verabschiedete ich mich von Shirley und fuhr direkt zum Kirchenbüro. David, ein Australier, der als Berater für den einheimischen Distriktpräsidenten tätig war, erklärte mir, die Entscheidung über eine Neubesetzung der Stelle werde im Hauptbüro der Kirche in Lae getroffen und rief auch gleich bei Ron, dem Zuständigen in Lae an. Ron freute sich über mein Interesse, hatte aber, wie er behauptete, bereits die Bewerbung einer anderen Dame vorliegen, die aber vielleicht gar nicht so geeignet sei wie ich. David holte aus Ron nach langem Zögern dann doch den Namen der Dame hervor: es war Ilma, die Frau eines Krankenpflegers, der in Yagaum arbeitete. Ich solle ruhig mein Interesse an der Stelle durch meine Bewerbung bekunden, man werde in Lae wohlwollend darüber befinden, bedeutete Ron noch zum Abschluss gegenüber David.


Aufgewühlt kehrte ich nach Hause zurück, mit mir und meinem Schicksal hadernd. Ausgerechnet Ilma war meine Konkurrentin in dem Streit um eine Aufgabe, die ich als auf mich zugeschnitten erkannt zu haben glaubte. Ilma, die mit Shirley befreundet war und schon mehrmals im Guest House ausgeholfen hatte. Wir hatten es ein paar Mal miteinander versucht, Ilmas Familie und unsere, konnten aber keine gemeinsamen Interessen feststellen, und ließen den begonnenen Kontakt langsam und behutsam einschlafen. Als Michael vom Unterricht zurückkam, überfiel ich ihn gleich mit meinen Fragen und Überlegungen. Gemeinsam bedachten wir, ob ich mich wirklich um die Stelle als Guest House Managaress bewerben sollte. Da war noch immer das Angebot von „Wasserbüffel-David“, im Büro bei seinem Hühnerprojekt zu arbeiten. „Egal“, sagte ich, „jetzt schicke ich erst mal meine Bewerbung nach Lae, dann sehen wir weiter“. Wochen zermürbenden Wartens begannen. Mal hatten die Herren in Lae den Gedanken, ich könne mit Ilma den Job teilen, ich vier Tage, sie drei, dann wieder pokerten sie um die Kostenfrage.

Beim Eiskaffee auf der Veranda setzte ich mit Roswitha einen Brief auf, in dem ich erklärte, warum ich es für unmöglich hielt, den Job zu teilen: da waren die beiden „boys“, die einheimischen Mitarbeiter im Guest House – wem sollten sie ihre Loyalität entgegenbringen bei zwei unterschiedlichen Führungsstilen? Und: ich war in keiner Weise bereit, ein Haus vier Tage in der Woche zu leiten, um mich nach den restlichen drei Tagen wieder einzuarbeiten. Fresst es oder lasst es bleiben, dachte ich, was habe ich schon zu verlieren?


Im Antwortbrief schrieb mir Ron, man könne mir auf keinen Fall vierhundert Kina zahlen, das Guest House schreibe seit Jahren rote Zahlen, es müsse endlich einmal profitabel geführt werden. Na toll, dachte ich, bei Teilung des Jobs hätten wir zusammen 540 Kina gekostet, jetzt soll ich eine Vollzeitstelle für ganze 300 Kina bedienen, und bei den Hühnern könnte ich für einen Halbtagsjob 400 Kina bekommen. Und ob ich bereit sei, fragte Ron noch an, für zwei Wochen die Eltern im hostel, im Wohnheim, in Onerunka ehrenamtlich zu vertreten? Ich war bereit, natürlich war ich bereit, schließlich war da ja mein Kind, aber gegenüber Roswitha klagte ich erbittert: „Ist das nicht ein richtiger Scheißkonflikt? Hier geht es doch um Selbstachtung und Freude an der Arbeit einerseits, oder Geldverdienen bei einer weniger interessanten Arbeit andererseits. Müssen denn diese Kirchenmänner wirklich alles auf den Profit reduzieren?“