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Cafés

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Rambla dels Caputxins

Straßencafés und Plaça Reial

Zurück auf den »Ramblas«, ungefähr beim Miró-Mosaik, folgt auf einer Seite das »Hotel Internacional« und auf der anderen das »Liceu«. Hinter der einfachen Fassade verbirgt sich eines der größten und prunkvollsten Opernhäuser der Welt. Besichtigungen täglich, außer an Festtagen und bei besonderen Anlässen, oder wenn gerade eine neue Oper vorbereitet wird, um 11.30 h und um 12.15 h. Zu besichtigen sind Räumlichkeiten wie Bühne, Maschinenräume oder das »Cercle del Liceu«, der exklusive Privatklub der nobelsten Opernliebhaber. Das jährliche Opernprogramm geht von November bis März, während im Frühling eine kurze Balletsaison folgt. Im »Liceu« treten regelmäßig Sänger, Ensembles und Tänzer von Weltruf auf.

Der nächste Abschnitt der »Ramblas«, die »Rambla dels Caputxins«, ist der seit längstem als Promenade benutzte – und vielleicht auch mit seinen vielen Straßencafés der belebteste – Abschnitt. Auf der rechten Seite steht das »Hotel Oriente«, das noch Teile eines alten Klosters aus dem Jahre 1652 aufweist. So nimmt heute z.B. der Tanzsaal des Hotels den alten Kreuzgang ein. Etwas weiter unten, auf der entgegengesetzten Seite, öffnet sich vor uns die »Plaça Reial«. Dieser palmengesäumte Platz mit seinen Bogengängen im Kolonialstil ist einer der typischsten und wundervollsten Orte der ganzen Stadt. Die ersten Pläne für den Platz stammen aus dem frühen 19. Jh., aber der Bau wurde erst 1848 in Angriff genommen.

Der ursprüngliche Plan sah für den Platz den Bau eines Theaters und glasüberdachter Galerien vor, die noch vor den mailändischen die ersten in ganz Europa gewesen wären. Dazu kam es leider nie, doch die Häuse in einheitlichem Stil, mit hellenistischen Motiven und Büsten von Seeleuten und Amerika-Entdeckern sowie Arkaden, zählen zu den schönsten Barcelonas. Die Nordseite, und heutzutage noch einige Teile mehr, nehmen seit langem große Bierhäuser mit ihren Terrassen ein, wo es immer hoch her geht und wo aus riesigen Gläsern, den bis zu zwei Liter fassenden »tanques«, Bier getrunken und Tapas gegessen werden. Jeder sollte hier mal die scharfen »patatas bravas« versuchen. Die »Plaça Reial« hat sich in den letzten zwanzig Jahren zu einem Brennpunkt nächtlichen Vergnügens gemausert, aber dem Platz verbleiben auch noch romantische Ecken, wie die »Bacardí«-Passage zu den »Ramblas« oder das »Museu Pedagógic de Ciencies Naturals« mit seinen Sammlungen an exotischen ausgestopften Tieren, die man hier zusammen mit Skeletten und alten naturgeschichtlichen Lithografien auch kaufen kann.

Wer von diesem Museum in Richtung »carrer Ferrán« pilgert, passiert an der Ecke »Vidre«/»Heures« eine seltsame, uralte Kräuterhandlung. Dieser Laden, der »Herbolari del Rei«, hat seine ursprüngliche Gestalt aus dem 19. Jh. in unsere Tage hinübergerettet. Die Einrichtung im »Isabell-Stil« vermischt neoklassizistische Züge mit neugotischen Details und hat im Verlaufe der Jahre seine hellblaue Farbe in ein dunkles Grün verwandelt. Die Indio-Figur im Schaufenster ist eines der Symbole des früheren Kolonialwarenhandels. Die Marmorbüste im Brunnen stellt den schwedischen Botaniker Carl von Linné dar.

Bei einer Sanierung und Renovierung vor wenigen Jahren wurden die Grünanlagen entfernt und der Platz in einen »harten« verwandelt, wie damals unter machtnahen Architekten und Stadtplanern groß in Mode. Die vom jungen Gaudí entworfenen »organischen« Eisenlaternen, mit ihren wie an einem Baum in verschiedenen Höhen angebrachten Leuchtarmen, blieben zum Glück davon verschont. Wir kehren durch den »Passatge Bacardí« – mag zwar komisch klingen, aber Bacardí ist ein katalanischer Name, der mit katalanischen Abenteurern nach Kuba gelangte – wieder auf die »Rambla« zurück, die wir jetzt überqueren, um auf die gegenüberliegende Straße, den bis zum »Montjuïc« führenden »carrer Nou de la Rambla«, zu stoßen.

Gaudi: Symbol der Stadt

Hier erhebt sich das eindrucksvolle Gebäude, das Gaudí zwischen 1885 und 1888 als Stadtpalast für die mächtige Familie Güell, seine persönlichen Mäzenen, errichtete. Als eines seiner frühen Werke ist es noch ein Beispiel seiner historistischen – in diesem Fall eine Kombination aus Gotik und arabischer Architektur – und Jugendstil-Phase. Doch machen sich hier schon einige seiner späteren maßlosen Stilmerkmale bemerkbar, die ihn weit über den Jugendstil herausragen ließen. So z.B. die Benutzung von in Struktur und Form originellen Lösungen, wie der vertikal das Gebäude durchquerende Lichtschacht mit arabischer Kuppel, die später für seinen persönlichen Stil typischen, fast all seinen Werken auftretenden, Mosaike aus gebrochenen Keramikstückchen und Steinchen auf dem Dach oder die häufige Benutzung von Eisenelementen.

Heute ist dieses Haus Sitz des »Museu de les Arts de l´Espectacle«, des katalanischen Theatermuseums, und ist deshalb täglich von 11-14 h und von 17-20 h zu besichtigen – sonn- und feiertags nur vormittags. Im Inneren zeugt das luxuriöse Dekor vom Geschmack der Jugendstil- und Orientalismus-Jahre: Marmorsäulen mit hyperbolischen Kapitellen, parabolische Bögen, komplizierte Edelholzdecken und Schnitzwerk mit Perlmutt- und Elfenbeineinlagen sowie ausgesuchtes Mobiliar. Seit 1984 unter Denkmalschutz der Unesco.

Anschließend führen wir unseren Rundgang ramblaabwärts fort. Dort, wo diese sich verbreitert, erhebt sich an der linken Ecke das »Hostal de les Quatre Nacions«, einstmals über hundert Jahre lang wichtigstes Hotel der Stadt. Auf der anderen Seite der »Rambla« führt über einen Bogeneingang die Straße »Arc del Teatre« in die gefährlichsten Gegenden des »Barrio Chino«. So weit brauchen wir uns nicht vorzuwagen. Gleich am Eingang ein interessanter Getränkeausschank in einem in die Wand gebauten Kabüffchen, an dem man im Stehen mit einer »caña«, einem Gläschen Bier, oder sonst einer Erfrischung den Durst löschen kann, zu der, wie sonst nirgendwo in der Stadt, eine symbolische kleine Tapa umsonst gereicht wird. Dazu beobachtet man das Vorbeigleiten der Menschen auf den »Ramblas« oder die seltsamen Typen, die hier vorüberkommen.

Etwas weiter unten liegt auf derselben Seite der »Ramblas« das älteste Theater Barcelonas. Im Jahre 1568 hatte Philipp II. dem gerade erwähnten »Hospital de la Santa Creu« die Erlaubnis erteilt, an dieser Stelle ein Theater zu betreiben, mit dessen Einnahmen die Kosten des Spitals bestritten werden sollten. Nach dem Bau verschiedener Holzkonstruktionen, in denen 1790 erstmals in Spanien italienische Opern aufgeführt wurden und die eine nach der anderen abbrannten, entstand das heutige »Teatre Principal«, das bei der Restaurierung von 1847 seine barocke Fassade gegen eine neoklassizistische eintauschte. Im Obergeschoß war anfangs in einem neoklassizistischen runden Saal das »Ateneu Barcelonés« untergebracht, das wir im »carrer Canuda« besuchten. In dieser Umgebung bestand auch ein anderes traditionsreiches Lokal, heute leider verschwunden. Das »Café Lyon d´Or«, welches das literarische Erbe des »Café de les Delicies« fortführte, war im 19. Jh. Treffpunkt zahlreicher Schriftsteller. Es wies einen neugotischen Stil auf und besaß einen schönen spiegel- und eisenverzierten, kreisförmigen Salon im hinteren Teil.

Ab diesem Punkt wird die »Rambla« wesentlich breiter und läuft in ihrem letzten Abschnitt aufs Meer zu.