Akadien
Akadien
Als die ersten vierzig Familien 1632 aus dem westfranzösischen Poitou hier ankamen, um Akadien zu begründen, hätte wohl kaum jemand gedacht, dass sie damit am Anfang einer der höchst eigenständigen Kultur stünden, wie sie nicht überall in Nordamerika zu finden ist. Die Akadier siedelten zuerst in der Fundy Bay; und im heutigen Neuschottland, wo sie dank des fruchtbaren Bodens schon bald höhere Erträge erwirtschafteten als im einstigen Mutterland oder die Siedler am Lorenzstrom, der heutigen Provinz Quebec. Die konnten sie auch bestens gebrauchen, denn schon bald waren sie ganz auf sich allein gestellt, da Frankreich mit seinen inneren Problemem genug zu tun hatte und sich in erster Linie für den Pelzhandel mit Quebec interessierte.
Einen ersten Rückschlag verzeichnete Akadien 1713: im Frieden von Utrecht wurde es England zugeschlagen und hieß von nun an Neuschottland. Durch geschickte Diplomatie erreichten die Akadier die Beibehaltung des status quo, Religionsfreiheit und das Recht, auf ihrem angestammten Land wohnen zu bleiben. Im Gegenzug verpflichteten sie sich dazu, in der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den beiden Erzrivalen England und Frankreich Neutralität zu wahren. Dieses friedliche Zusammenleben ging ungefähr dreißig Jahre lang gut. Ihre Anpassungsfähigkeit, ihre zahlenmäßige Größe und die geringe militärische Präsenz der Engländer in der Gegend schützten die Akadier geraume Zeit vor den Gebietsansprüchen der britischen Siedler. Ab 1744 jedoch übte England zunehmend Druck auf die Akadier aus und versuchte, sie zu einem Treueschwur auf die Krone zu verpflichten. Diese dachten aber nicht daran, sondern verteidigten noch zehn Jahre lang ihre Unabhängigkeit. 1755 schließlich entschied der Gouverneur von Neuschottland, die hartnäckigen Akadier endgültig von ihrem Grund und Boden zu vertreiben, was als âGrand Dérangementâ in die frankokanadischen Geschichtsbücher eingegangen ist. Über sechstausend Menschen mußten ihre Dörfer verlassen, Familien wurden auseinandergerissen, Kinder von ihren Eltern getrennt und als Gefangene wurden sie in die Staaten an der Ostküste (Maine, Massachusetts) verfrachtet, wo sie von der dort bereits ansässigen Bevölkerung meist nur Ablehnung erfuhren. Einige der Akadier kehrten nach Frankreich zurück, siedelten beispielsweise auf der Bretagne-Insel Belle-Ile, andere irrten noch lange ziellos umher, bevor sie in den unwirtlichen Sümpfen von Louisiana oder in der Karibik; eine Bleibe fanden. In Louisiana gründeten sie die berühmte Gemeinde der â:Cajuns;â, die heute 800.000 Mitglieder zählt. Etwa 2.000 bis 3.000 Akadier flohen zu den Indianerstämmen an den Küsten Neu-Braunschweigs oder auf der Halbinsel Gaspé. Nachdem Frankreich am Ende des Siebenjährigen Krieges 1763 ganz Kanada â bis auf die beiden Inseln Saint-Pierre; und Miquelon; am Südzipfel Neufundlands, die auch heute noch zu Frankreich gehören â an England abtreten mußte, normalisierte sich das Leben der Akadier wieder, die vor allem in einem schmalen Küstenstreifen von der Chaleur Bay; runter bis Moncton; siedelten. Sie durften in ihrer neuen Heimat wohnen bleiben. Der amerikanische Dichter Henry Wadsworth Longfellow; trug 1847 mit seiner romantischen Erzählung von âGabriel und Evangelineâ erheblich dazu bei, das tragische Schicksal der Akadier wieder ins allgemeine Bewußtsein zu rufen und ihr Nationalgefühl zu stärken. Die Erzählung handelt von zwei Liebenden, die gewaltsam getrennt werden und den Rest ihres Lebens damit verbringen, einander zu suchen.
Die leidgeprüften Akadier faßten in ihrer neuen Heimat schnell wieder Fuß. Dank ihrer festen Familienbindungen, des Einflusses der Kirche, die wie in Quebec für das Schulwesen verantwortlich war, und des Zusammenhalts durch ihre (katholische) Religion gelang es ihnen, ihr Brauchtum, die französische Sprache und damit ihre Identität zu bewahren. Zur Fahne wählten sie 1884 eine blau-weiß-rote Trikolore mit einem gelben Stern in dem blauen Streifen: für die einen Erinnerung an den Stern, der sie ihrem neuen Schicksal entgegen geführt hatte; für die anderen religiöses Symbol Marias und der Auferstehung. Heute weht das Banner in zahlreichen Dörfern und Vorgärten in ganz Akadien und erinnert daran, dass Neu-Braunschweig die einzige Provinz ist, in welcher der Anteil der Frankophonen nicht rückläufig ist.
Nationalfeiertag ist der 15. August; nicht verpassen!
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