Baddeck

Body: 

Baddeck

Eines der Vorzeigedörfer auf dem Kap Breton, so himmlisch ruhig, dass sich der Erfinder des Telefons, Alexander Graham Bell, hier in einer Art Landgut niederließ. Der wollte wahrscheinlich nicht andauernd von Telefongebimmel gestört werden ... Bras d´Or-Lake und Saint Patrick´s Channel umspülen den kleinen Hafen, verleihen der Landschaft etwas Feierliches - auf den Eilanden in der Ferne zeichnen sich die Wälder ab - und ein besonders angenehmes, ausgeglichenes Mikroklima. Auf einen Nenner gebracht, könnte man sagen: Baddeck bietet alle Vorzüge des nahen Meeres ohne dessen Unberechenbarkeit und Wildheit.

Kein Fehler also, hier zwei oder drei Nächte abzusteigen, vor Beginn oder am Ende einer Rundreise über das Kap Breton. Im Juli und während der ersten Augusthälfte kann es wegen des Gästeansturms allerdings zu Engpässen bei der Bettenkapazität kommen. Wohl dem, der rechtzeitig reserviert hat, zumal Hotels und Privatunterkünfte an den Fingern einer Hand abzuzählen sind.

Nächtigen

Camping Baddeck Cabot Trail KOA: 8 km westlich von Baddeck, an der Route 105; T. 295-22 88 oder 794-79 52. Aufnahme von Mitte Mai bis Mitte Oktober. Weit und breit der brauchbarste Campingplatz, schattig am Flußufer gelegen. Ordentliche Sanitäreinrichtungen, Duschen, Wäscherei, Brennholz- und Eisverkauf. Schwimmbad und Kinderspielplatz vorhanden.

Camping Bras d´Or Lakes: 5 km westlich von Baddeck, auch an der Route 105; T. 295-23 29. Geöffnet von Mitte Mai bis Ende September. Schöne Lage am Bras d´Or-Lake. Langt bei den Gühren nicht ganz so hin.

Restawyle Tourist Home (Inh. Ada und Russell Manzuk): Shore Road, ortsausgangs von Baddeck, rechter Hand der Straße zur Route 105. T. 295-34 28. Weißblau gestrichenes, hohes Holzhaus mit schöner Südveranda, wo man sich so richtig in der Sonne aalen oder abends sein Pfeifchen schmauchen kann (drinnen herrscht nämlich Rauchverbot, jawoll!). Rundherum grüner Rasen. Wohnliche Zimmer für wenig Geld, nette Wirtsleute, tolle Aussicht auf die Wiesen und den See, jede Menge Platz rund ums Haus ... nur Positives gibt´s zu vermelden.

Clan Cameron Bed & Breakfast: 282 Shore Road, T. 295-27 25. Wenn man Baddeck verläßt, schlichte Hütte auf der linken Seite. Von den beiden Zimmer geht eines auf die Straße und eines, angenehmer da ruhiger, zur Seite hinaus. Vom Aufenthaltsraum schöner Seeblick, niedrige Preise, aber reichlich unpersönlicher Empfang. Trotzdem in Betracht ziehen, denn Alternativen sind rar.

Schicker gefällig?

Duffus House Inn: Water Street, T. 295-21 72; die Adresse für Romantiker in Baddeck, unter liebevoller Leitung von Judy Langley. Der ältere Teil des Hauses ist mal wieder am schnuckeligsten, nur hat´s hier lediglich ein Zimmer. Die übrigen sind gleich nebenan zu finden, in einem neueren Anbau, geschmackvoll zwar, aber eben nicht so urgemütlich. Nippes, Antiquitäten und Bücher wo man hinschaut. Klar, dass eine solche Dosis Romantik nicht für ´nen Appel und ´nen Ei zu haben sind: rund achtzig Kanadadollar müssen es schon sein. Postkartenblick auf den Meeresarm und ein bewaldetes Eiland. Sehr ruhige Bleibe.

What to see and what to do

Alexander Graham Bell National Historic Site: östlich von Baddeck, an der Route 205; T. 295-20 69. Täglich von 9-21h (Juli bis September) bzw. 9-17h (Oktober bis Juni) geöffnet.

Das schöne Museum hat es sich zur Aufgabe gemacht, das wenig bekannte aber außergewöhnliche Leben Bells anhand von zeitgenössischen Photographien, Dokumenten und persönlichen Erinnerungsstücken näher zu beleuchten. Der Erfinder des Telefons (1847-1922) war schottischer Herkunft, genauer: er wurde in Edinburgh geboren. Seine berufliche Laufbahn begann er als Lehrer an einer Taubstummenschule, wanderte dann jedoch mit seinen Eltern nach Kanada aus. Bells Mutter war auf einem Ohr taub, sein Vater von Beruf Sprecherzieher und eine Kapazität auf dem Gebiet der Logopädie. Bell junior heiratete eine frühere, stumme Schülerin namens Mabel und war von der Idee besessen, Sprache anhand eines einfachen Drahts zu übertragen. Das Telefon ward geboren, eine Erfindung, welche die Weltgeschichte revolutionieren sollte.

Das Museum thematisiert alle Facetten eines Universalgelehrten, wie es ihn zu Zeiten Leonardo da Vincis zu geben pflegte. Bell sprach den Dialekt der Mohawk-Indianer, kannte sich in Medizin und Genetik aus, stellte Forschungen auf dem Gebiet der Landwirtschaft an und begeisterte sich für die Luftfahrt. Der umtriebige Erfinder, bärtig wie Karl Marx und die Propheten im Alten Testament, war eine Art Geistesathlet und verteidigte seine Patente mit Zähnen und Klauen. Sonst hätte er es ja auch nie zu einem Vermögen gebracht. 1892 zog er nach Baddeck, in sein Landhaus namens "Beinn Bhreag (das ist Gälisch und heißt soviel wie "schönes Gebirge"), wo er die letzten siebenunddreißig Sommer seines Lebens verbrachte. Amüsant finden wir vor allem jene Fotos, auf denen Bell bei sich zu Hause Prototypen von Flugmaschinen oder Wasserfahrzeugen testet, die einem Jules Vernes zur Ehre gereicht hätten. In einem großen Saal sind sie alle zu sehen, die Wunderwerke der Erfindungskunst: der Rumpf des schnellsten Tragflächenbootes der Welt, ein Flugdrachen mit Dreieckszellen und zeitgenössische Dokumente zur Geschichte des "Silver Dart", der ersten Flugmaschine im British Empire, das die Schwerkraft überwand. Bis zu seinem Tod ließ sich Bell nicht vom Erfinden abbringen, ohne seine zutiefst humanistische Einstellung aufzugeben. Wer weiß übrigens, wie der erste übertragene Satz in der Geschichte des Telefons lautete? "Mister Watson, kommen Sie mal bitte rüber in mein Büro" (in englischer Sprache natürlich).


Rückwärts |
Inhalt |

Vorwärts |