Weitergelesen

Body: 

Noch mehr Bücher

Ein lesender Reisender berichtet

Schmölker von klassisch bis spanisch

Friedrich Hölderlin – Hyperion

Deutsche Klassiker ohne Ende, diesmal aus der Krass-Kinski-Ecke, der verrückter Hölderlin, der Irre, der Wirre, der Werther in echt, der launisch Liebende, tiefste Tiefen, höchste Höhen, ekelerregende Ekstase, allein seine Biographie ist lesenswert. Hyperion selbst ist meistens anstrengend, weil der sich in seine Gefühle so verkopft reinredet, die doch nur gelebt und überlebt werden wollen, und man das 180 Seiten starke Gefasel dann irgendwie auch auf neun Seiten hätte sagen können. Sprachlich aber unnachahmlich, deutscher Klassiker eben, Word up: "Ich ging in einen Wald am rieselnden Wasser hinauf, wo es über Felsen heruntertröpfelte, wo es harmlos über Kiesel glitt, und mählich verengte sich und ward zum Bogengange das Tal, und einsam spielte das Mittagslicht im schweigenden Dunkel" Öhm, sollten wir uns davon nicht scheibchenweise etwas abschneiden?

Trotzdem schwer verdaulich und deshalb nur ne gute 3.

Werner Kopacka - Im Tal des Yeti

Irgendso ein Buch halt, dass vorher niemand kannte, zumindest ist das anzunehmen. Dreht sich um Yetis, um Tibet und um die Kombination, also um die Sprengung unserer westlichen Sichtweise. Prinzipiell begrüßenswert, liest sich auch gut mit weisen, alten Männern, die weise Sache sagen. Am Ende aber zu seicht und friedlich, 2 bis 3, so OK?

Bertold Brecht - Gruppenbild mit Dame

In 35 Minuten verschlungen, was so viel bedeutet wie nicht mein Fall. Gegen Brecht was zu sagen, ist natürlich altes kommunistisches Frevelwort, deswegen lass ich das meistens auch, aber das Ding ist mir sprachlich zu verdreht und inhaltlich typisch, siehe oben (letzter Bericht), nachkriegs-schal und doppelt traurig. Der Aufbau des Plots ist pfiffig mit dieser regierenden Erzählperspektive, die später zum dramatischen Teilhaber wird, aber sonst, nee, mag ich nicht. 4, weggeplöppt ...

Thomas Müller - Die Brillenmacherin

Der dritte historische Roman im Dick-Buch-Reise-Lese-Format, der dritte Erfolg. England im Mittelalter, König Löwenherz (muss der eigentlich in jeder englischen middleage-Geschichte vorkommen?), Ritter, Burgfräulinnen, und so weiter, das ganze Spektrum. Ist gut geschrieben, und so´n fieser Erzbischof nimmt ne Schlüsselposition ein. Wenn man´s liest, weiß man zumindest, warum der Wanderer sich an solchen Pfaffen und deren Lehren einen gefressen hat. Mit fast Happy End und Minnegesang, aber kein Weltbestseller, schlechte 2, gute 3, wie ihr es wollen tut ...

Leo Tolstoi - Ana Karenina

Mein erstes Buch auf Spanisch. Himmel, ich hätte mir leichtere Kost aussuchen können, bin auch jetzt noch nicht über die Hälfte hinaus. Ist ja bekanntermaßen ein Weltklassiker und da Tolstoi Russe ist, geht´s um Werst, psychologische Liebesbeobachtungen und zaristische Oberschichten. Da also Russe, so viel lässt sich sogar ohne Leseprobe abschätzen, muss es dann irgendwo zwischen 1 und 2 landen.

Jules Verne - Reise zum Mittelpunkt der Erde

Mein zweites Buch auf Spanisch. Himmel, der schreibt ja in Spanisch genau so schlecht wie in Deutsch und Englisch. Jules Verne ist echt ein Faszinosum, Story-Ideen, mit denen ich schlafen möchte, und eine Schreibe, dass ihn der Wanderer einfach mit Slapstick-Fußtritten in jede Ecke befördern könnte. Ich mein, am Ende der Geschichte auf Siziliens Etna ausgespuckt werden und frische Feigen essen, ist natürlich das sentimental Schönste, was so nem Buch zum Finale hin passieren kann, aber es bleibt dabei, Story 1, Schreibe 6, also höchstens ne 3.

Ray Bradbury - Short Stories

Vielen Schülern als Fahrenheit 501 Oberstufenfraß bekannt, historisch betrachtet irgendwo zwischen Huxley und Böll. Schreibt in diesen Geschichten furchtbar wirres Zeug, wohinter furchtbar viel LSD oder Meskalin gesteckt haben müsste. Da ich selbiges grad nicht zur Hand hatte, waren meine Rezeptoren dafür auch nicht geeicht, fühlt sich fremd an, manchmal gut, weil Drachen, Sterne und so schöne "echte" Dinge drin vorkommen, aber wie gesagt, ohne LSD ne gute 4 vielleicht.

Fjodor Dostoijwski - Der ewige Gatte

Wenn Netzter, Beckenbauer, Müller und Maier 1972 die beste Fußballmannschaft aller Zeiten gewesen sind, dann steht es außer Frage, dass die russischen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts das Dream-Team der Literatur sind. Turgenjew, Tchechow, Gogol, Tolstoi, Gorki und federführend Fjodor himself, eine dermaßene Ansammlung von scharfsinnigen Sprachwundern gab´s nicht nochmal, so leid es mir um Goethe, Schiller und den Rest tut.

Der ewige Gatte ist für Henry Miller Dostojewskis schönstes Werk, eine Erzählung im Gegensatz zu seinen sonstigen Romanen. Große Unterschiede merkt man aber nicht, ein bisschen kürzer eben und tatsächlich wieder so was von klug, könnerhaft (wie oft man sich selbst in die handelnden Personen hineinversetzt, mit ihnen schreit, liebt, sie zum Handeln aufordern und anstoßen will), literarisch unnachahmlich, so dass es, um es nochmal zu betonen, für alle Zeiten, zumindest bis was Besseres kommt, so bleibt: Dostojewski ist der größte Literat, den es je gab. Omen!

Klare 1+ mit Verbeugung also.

Paulo Coelho - Der Dämon und Fräulein Prym

Beim ersten Mal war´s noch richtig schön, Alchemisten-Wunder und so, und jetzt ist Coelho als Fliege-Vorbeter so was von out und nervtötend, dass es schade um seinen schönen Sprachstil ist. Geht aber einfach gar nicht mehr, ist zu heilig, zu hellscheinend, der Plot der Geschichte ist gut, aber in der Ausführung dann auch wieder nicht. Was red ich um den heißen Brei rum. Weg damit, 4 bis 5.

Sergio Bamburen - Die Zeit der Sternschnuppen

Dito, dito, dito, siehe Coelho, beim ersten Mal war´s noch, und dann ... Jetzt mal ernsthaft: Wer noch nicht Laotse oder Hesse oder Fromm oder Chopra gelesen hat, der sollte hier unbedingt mal zuschlagen, denn die schönen Sprüche (die wichtigen sind auch noch kursiv geschrieben! ARG!!) sind wirklich gut, vor allen Dingen der, dass man vor der Wirklichkeit die Augen verschließen kann, vor den Träumen aber nicht. Stellenweise schöne Kurzgeschichten und niedlich süß, reicht aber nicht. 3 bis eher 4, und das obwohl, oder vielleicht gerade wegen, der Knabe aus Peru kommt.

Dashiell Hammitt - Der Malteser Falke

Das vorerst Letzte vor dem Flug und angeblich das beste Krimi-Buch Amerikas aller Zeiten!! Na, solche Sprüche! Ist aber schon richtig geil, wieviel Selbstgedrehte sich Detektiv Spade reinraucht, wie verächtlich er mit Frauen und Gesetz umgeht, so´n richtig typischer Ami-Cowboy-Anti-Held, die Story hat Pfiff und Gamaschenjoe kommt auch drin vor. Weil´s der erste Krimi dieser Art seit langem ist, tatsächlich fast (!) ne 1.

Für weitere Fragen, wenden sie sich bitte an ihr Herz!

Ihr Matjes Horring