Abwechslung
Die deutschen Ks
Endlich wieder eine normale Dusche
Rechnen oder Zeit Ein Buch mit Sieben Siegeln
Die Mamas erzählten mir auf der Weiterfahrt, dass sie regelmäßig mit ihrem Gemüse den Markt in Lae beschickten. Selbst unter Berücksichtigung der Fahrkosten bleibe noch genügend Profit. Eine der Mamas, die auf der anderen Seite des Mittelganges saß, beugte sich zu mir herüber und sagte: Eine Frau fährt gar nicht mehr mit, die hat schon so viel verdient, dass sie lange zu Hause bleiben kann. Die ist richtig reich geworden und hat hundert oder tausend Kina gespart! Da war er wieder, erkannte ich amüsiert, der Niugini-Umgang mit Zahlen oder mit Zeit. Wan handred o wan tausen samting, einhundert oder tausend etwas, jedenfalls eine Stange Geld.
Im Markhamtal erstarben unsere Gespräche, denn es war stickigheiß, die Erde staubtrocken, so dass wir immer wieder kleine Schlucke aus unseren Getränkeflaschen nippten. Die Landschaft, die ich auf unseren Autofahrten so genossen hatte, flog unbeachtet an mir vorbei, während sich auf mich und auf alle anderen Passagiere eine immer dickere Staubschicht legte. Bei der Ankunft in Lae schaute mich die Mama vom Fenster an und lachte: Jetzt sehen wir alle, ob schwarz oder weiß, aus wie tumbuna, wie Ahnen! Marina und Gunnar erwarteten mich an der Bushaltestelle. In ihrem Haus stellte ich mich erst einmal lange, lange voller Genuß unter die "Nichteimerdusche".
Die Woche in Lae verbrachte ich entspannt in dem Bewusstsein, Urlaub von meiner Arbeit zu haben. Morgens durfte ich beliebig lange schlafen, nachmittags gingen wir bei Paulchen Eiskaffee trinken und lauschten dem neuesten Klatsch von Lae, den Paulchen wusste. Er berichtete von Rudolf, einem Deutschen, der für die GTZ, Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, als Entwicklungshelfer tätig war. Die Angestellten dieser Organisation pflegten wir Missionsleute als Bonzen zu bezeichnen, da sie überdurchschnittlich gut für ihre Arbeit bezahlt wurden. Rudolf habe gerade Besuch von seiner Freundin aus Deutschland, wusste Paulchen zu berichten, und die sei so schockiert über die Hygiene in diesem Land, dass sie einen Waschtick entwickelt habe. Den ganzen Tag läuft bei ihr die Waschmaschine, kicherte Paulchen, sie wäscht Bettwäsche und Handtücher jeden Tag. Sie hat so viel Wasser verbraucht, dass Rudolf letzte Woche von der Stadt das Wasserauto kommenlassen musste! Und man weiß ja, was das kostet! Ich für meinen Teil wusste noch nicht einmal, dass es so etwas wie ein Wasserauto überhaupt gab, wir hatten mit unserem Regenwasser auszukommen, basta.
Marina gab zu erkennen, dass sie mich um meinen neuen Job regelrecht beneidete. Mir bleiben immer nur die alten deutschen Ks, Kinder, Küche, Kirche, meinte sie traurig. Für mich gibt es auf die Dauer kein Bleiben in diesem Land, ich will weg von dieser stampfenden, dumpfen Gesellschaft hier. Auch längere Gespräche, in denen wir gemeinsam versuchten, Perspektiven zu finden, die einen Aufenthalt in Niugini erstrebenswert erscheinen ließen, änderten nichts an ihrer Abwehrhaltung gegenüber einem Land, das zu verlassen ich mir gar nicht mehr vorstellen konnte. Am Ende der Woche fühlte ich mich wieder tatendurstig und freute mich auf Michael und Janna und auf mein Gästehaus. Die Rückfahrt im Bus wurde genauso staubig wie die Anfahrt, nur, dass wir dieses Mal schon viel früher wie tumbuna, wie Ahnengeister aussahen. In Madang erwarteten mich Michael und Janna mit meinen Badesachen im Auto. In Nagada war erst einmal Badepause, bevor wir den Hügel hinauf zu unserem wunderschönen Amron fuhren.