Erwartung
Die Seele geht zu Fuß
Komisches Verhalten der Kinder
Endlich zurück in Deutschland
In Frankfurt holten uns meine Eltern ab, sie erwarteten uns mit einer passenden Winterjacke für jeden. Wir erzählten, dass wir wegen des Überfliegens der Zeitzone dreimal Silvester gefeiert hatten, und ich warf verstohlene Blicke auf die winterlich graue Landschaft, die an uns vorbei flog. Es sei ein ungewöhnlich milder Winter, meinten meine Eltern, aber für Amos und Janna war er eisig kalt, wie sie ebenso kalt und ruppig von sich gaben.
Meine Mutter hatte die Dachstube, in der wir immer bei unseren Besuchen schliefen, gut vorgeheizt für die Tropenpflanzen, wie sie uns bezeichnete. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, die folgenden Wochen zu überstehen. Meine Mutter verwöhnte uns, so gut es ging, aber meine Kinder wurden mit jedem Tag abweisender, vor allem mir gegenüber, die ich in ihren Augen Schuld hatte, dass sie in dieses blöde Deutschland zurückgemusst hatten.
Amos versuchte, durch unmögliche Tischmanieren, einen Tadel meiner Mutter zu provozieren, aber da war er an die Falsche geraten, meine Mutter tat, als habe sie nichts wahrgenommen. Janna verzog sich in die Dachstube, die zunehmend zu ihrem Hauptaufenthaltsort wurde. Wir versuchten, sie mit Einkäufen oder Spaziergängen aus ihrer Reserve zu locken, manchmal konnten wir ihr nur ein missmutiges Schnauben entlocken. Stunde um Stunde saß sie zusammengekauert neben dem Ofen der Dachstube und schaute mit glanzlosen Augen in ihre innere Welt, zu der allenfalls Amos noch Zugang fand.
Klemens kam aus Hamburg mit seiner kleinen Tochter Katharina, die sich auf ihre große Cousine sehr gefreut hatte. Immer stieg das kleine Mädchen in die Dachstube hinauf, wurde aber offensichtlich so unfreundlich behandelt, dass sie jedes Mal enttäuschter die Treppe heruntergeschlichen kam. Klemens fragte mich ratlos, was denn eigentlich los sei, aber ich konnte nur genauso ratlos die Schultern zucken, wusste nicht, was in meine Tochter gefahren war. Heute weiß ich natürlich, dass meine beiden armen, verbuschten Kinder unter einem Kulturschock gelitten hatten. Aber damals muss ich so neben mir gestanden haben, dass ich, die bei Neuankömmlingen in Niugini einen ebensolchen klar konstatiert hatte, noch nicht einmal an diese Möglichkeit dachte.
Meine Mutter kam auf die Idee, Janna könne mit einem Freund meines Vaters reiten gehen. Gleich am nächsten Tag brachte mein Vater sie zu diesem Freund, der sie auf einen langen Ausritt mitnahm. Es war das erste Mal, dass sich meine einst lebhafte Tochter ein wenig öffnete, aber gleich danach waren wieder die Dachstube und trauriges Grübeln angesagt.
Marina und Gunnar kamen uns besuchen, beim Zusammensein mit ihren Freunden blühten meine Kinder auf, und ich beobachtete beglückt, wie sie lachten und blödelten wie zu Hause. Jetzt, da ich zu Hause geschrieben habe, ist mir wieder klar, wie fremd wir alle drei uns gefühlt haben in diesen ersten Monaten in Deutschland. Marina und Gunnar schlugen den Kindern vor, für ein paar Tage mitzukommen so schnell, wie die beiden zum Packen nach oben verschwanden, hatten sie sich seit unserer Ankunft noch nie bewegt. Glücklich fuhren sie mit unseren Freunden davon, wobei ich beim Winken merkte, dass mir kein Abschied je leichter gefallen war.