Rafting

Body: 

Viktoriafälle Rafting

Ungewaschen durch die Kloschüssel des Teufels

Im Angesicht der Viktoriafälle heißt das Zauberwort für Unternehmungslustige “Wildwasser”. Erzählen Sie einem Backpacker, dass Sie in Vic Falls waren und sich nicht kopfüber in die tosenden Wassermassen des Sambesi gestürzt haben - er wird die Welt nicht mehr verstehen. Die Stromschnellen, deren es zwei Dutzend seriöse plus ein paar Juniorschüttler gibt, zählen zu den wildesten der Welt!

Auf der international gültigen Sechserskala (6 = unpassierbar) erreichen einige Schnellen bei Niedrigwasser die Stufe 4 und 5. Dass es dennoch nur mit Prellungen (selten) und kräftigen Wasserschlucken (unvermeidbar) abgeht, ist mehreren Faktoren zu verdanken. Zwischen den Steilwänden in der Schlucht ist das Wasser überall tief genug. In der Schußlinie treten fast keine Felsbrocken auf. Und schließlich achten Veranstalter minutiös auf die Sicherheit ihrer Klienten und die beste Ausrüstung mit Schwimmwesten und Helmen - bei einem schweren Unfall hätten sie sehr viel zu verlieren.

Wer seine sieben Sinne beisammen hat, kann sich jedenfalls königlich amüsieren. Allein schon die Paradeaufstellung wäre ein Bild, das man nur allerbesten Freunden zeigen möchte. Drei Halbnackte klammern sich im Bug, drei andere im Heck krampfhaft ans Halteseil, während der “Kapitän”, einer der letzten Abenteurer unserer Zeit, aufrecht an den Rudern seinen Mann steht. Und dann beginnt der Kampf.

Krachend stürzt das Schlauchboot den ersten Wogenkamm hinunter. Wird am tiefsten Punkt von der nächsten Welle überspült. Aus der vorderen Dreihelmschar dringen spitze Schreie. Auch den coolsten Jungs löst sich rasch die Zunge. Irgendwann kippt fast jedes Boot. Mann über Bord, allgemeine Aufregung, die anderen erwürgen das Halteseil. Gleich flitzt ein Helfer im Kanu herbei. Grinsend begleitet er den hilflos flußabwärts Treibenden, bis dieser im nächsten ruhigen Flußabschnitt eingesammelt wird.

Natürlich verdient er sich beim Wiedereinstieg miserable Haltungsnoten, wahrscheinlich rutscht auch noch der Helm halb ins Gesicht. Daran stört sich aber niemand, denn - SCHAUMALDAVORN! - schon dräut die nächste Schnelle. Der Schlauchbootkapitän kennt ihren Flurnamen, z.B. “Kloschüssel des Teufels”, der nie Gutes verheißt. Doch er gibt ihn erst bekannt, wenn die Dinge sich überschlagen. Wenn die vordere Dreihelmschar schon kräftig aus der Kloschüssel geschluckt hat.

Vielleicht ist der Fluß ja heute so gnädig, seine Gäste zehn, zwölf Rapids lang im Boot zu lassen. Das ist aber noch kein Grund für die Seilschaft im Heck, sich einen Lorbeerkranz zu winden. Die allerletzte Stromschnelle, Oblivion, gibt nämlich nochmal alles. Die überstehen, rein statistisch gesehen, von zwanzig Booten nicht allzu viele “ungewaschen”. Um genau zu sein - eines.

Alle großen Veranstalter (Shearwater, Frontiers, Supreme Raft, SafPar) haben Buchungsbüros am Parkway. Halb/ganztägig mit Mittagessen. Touren von April-Dez täglich, in den übrigen Monaten können sie bei Tiefstpegel ausfallen, weil die Felsen gefährlich weit aus dem Flußbett schauen. An warmen Tagen zieht man in Shorts und T-Shirts los, mit langen Ärmeln! Meistens haben die Veranstalter langärmlige Neoprenanzüge dabei, die an kühleren Tagen vor eisigen Gischtspritzern schützen.

Einstiegsstelle ist in Simbabwe Big Eddy vor Stromschnelle Nr. 4 (Morning Glory), in Sambia der Boiling Pot vor Nr. 2, noch im Angesicht der Fälle. Vor dem Einstieg in die Schlucht, ein Abenteuer für sich, findet eine halbstündige Einführung statt. Je nach Vereinbarung muß man dann alle Stromschnellen bis Nr. 18 (Oblivion) oder Nr. 23 (Morning Shower) bewältigen. Einzige Ausnahme ist die Nr. 9 (Commercial Suicide), die grundsätzlich umwandert wird, was bei genauerem Hinsehen niemandem leidtut. Nach mindestens 22 Rafting-km (Nr. 4 bis 18) muß man am Ende nochmals alles geben für das Hinauskraxeln aus der Schlucht.

Oder man entscheidet sich für eine tolle Zeltnacht am Sambesi, inklusive Grillvergnügen und kehrt am nächsten Morgen gestärkt in die Zivilisation zurück. Shearwater besitzt am rechten Flußufer etliche Zeltplätzchen, so dass man auf Wunsch bis zu vier Tage lang weiterraften kann, ohne die Schlucht zu verlassen.