Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Geschichte

Body: 

Die erste Bahn

Drei Schmalspurtage statt sechs Ochsenwochen

Wenn man es genau nimmt, dann wurde die erste Eisenbahn Namibias zum Jahresende 1895 am Kreuzkap in Dienst gestellt. Doch die Trolleyholprerin mit ihren 20 km Schmalspurgleisen ist nur für den Guanotransport zwischen Küste und Land bestimmt. Als dann im Juli 1897 die Rinderpest ausbricht, gibt die deutsche Reichsregierung die erste “echte” Bahnlinie Swakopmund-Windhuk in Auftrag.

Mühselig haben sich bisher Ochsen- und Pferdekarren mit Personen, Gepäck, Fracht über den miserablen Baaiweg ins Hochland gekämpft. Ein Ochsenwagen mit 18-20 Zugochsen schafft 20 km pro Tag. Ochsenkarren mit weniger Tieren bewältigen zwar 35 km, aber nur wenig Fracht. Der Pferdekarren mit sechs Pferden schafft bis zu 50 km, was vor allem Personen nutzen.

Die schnellste Form der Fortbewegung, hoch zu Roß, wird laufend durch Pferdekrankheiten beeinträchtigt, so dass häufig Reitochsen gesattelt werden müssen. Damit ist die Zeitspanne, die bis Windhuk benötigt wird, nie vorherzusagen. Es können 14 Tage draus werden, aber genauso gut auch sechs Wochen.

Anschließend benötigen die Zugochsen zwei Monate zum Verschnaufen, bevor sie für die nächste Anstrengung zu gebrauchen sind. All das treibt die Kosten in gewaltige Höhe. Eine Flasche Bier, die anno 1900 in Berlin für 30 Pfennig über den Tresen geht, kostet in Windhuk nie unter 2,50 Reichsmark.

Ursprünglich soll lediglich die Wüste mit einer leichten Feldbahn durchquert werden, bis auf festerem Grund die Ochsenwagen den Transport ins Landesinnere abschließen. Als aber infolge der Rinderpest in manchen Regionen bis zu 95% der Tiere verenden, bricht das Verkehrswesen völlig zusammen. Daraus folgt die Einsicht, die 600 mm-Schmalspurbahn durchgehend bis Windhuk zu trassieren. Eine deutsche Eisenbahnerbrigade nimmt Ende 1897 die ersten 10 km durch Wüstensand bis Nonidas in Angriff.

Im steilsten Abschnitt, zwischen Khan und Welwitschia, wird das zerklüftete Khanrivier mit einer Steigung von 5% auf 4 km Länge bewältigt. Erst 1902 wird das letzte Teilstück verlegt, so dass die 382 km lange Staatsbahn Swakopmund-Windhuk zur Landesausstellung offiziell den Betrieb aufnehmen kann. Den ersten Passagierzug empfängt Windhuk am 19. Juli 1902 nach drei Reisetagen festlich. Fahrgäste müssen in Karibib und Okahandja übernachten.

Da der Streckenteil bis Karibib mehrere Flußbetten queren muß und mit Wasser notorisch unterversorgt ist, atmet die Kolonialregierung nach dem Kauf der Otavi-Bahn 1910 erleichtert auf. Die Otavi-Minen- und Eisenbahngesellschaft (OMEG) hatte 1903-06 ihre eigene Bahnlinie Swakopmund-Tsumeb gebaut.

Da diese das Einbruchstal des Khan umgeht und einen tragfähigeren Oberbau hat, ist sie viel ökonomischer als die Staatsbahn. Nach dem Kauf wird flugs eine 14 km lange Verbindungsstrecke zwischen beiden Schienen verlegt und die Staatsbahn über die leistungsfähigere Otavi-Strecke geleitet. Den südlichen Schienenstrang, keine zehn Jahre zuvor mit großem Aufwand verlegt, darf die Namib zurückerobern.

Für die Entwicklung des Landes hat die Vollendung dieser zeitsparenden Linie gewaltige Bedeutung. Doch die Mühsal geht weiter. In der Zwischenzeit wurde die Strecke nach Lüderitzbucht mit der “Kapspur”, der in Südafrika üblichen Spurweite von 1067 mm, vollendet. Also müssen die Bahnbrigaden 1911 nochmals ran und die Staatsbahn ebenfalls auf das neue Spurmaß umstellen. Das nächste Projekt wäre die Anbindung des Hafens von Walvis Bay ans Schienennetz. Doch bevor die Brigaden die erste Schwelle verlegen, bricht der Weltkrieg aus. Und mit ihm das Ende der deutschen Herrschaft.