Könige
Tal der Könige
Royale Geschichte
Monarchen an der Loire
Obwohl selbstverständlich Paris Hauptstadt der Franzosen ist, hält Ludwig XIV. Hof in Versailles, denn Paris war schon immer ein wagnisreicher Aufenthaltsort für königliche Häupter: vor der Fronde, dem letzten Aufstand des Feudaladels gegen den Absolutismus, erhob sich Etienne Marcel, der Führer der Pariser Kaufleute, gegen den Adel, nicht zu reden vom Hundertjährigen Krieg, in dessen Verlauf die Engländer wenige Tagesmärsche vor Paris standen. Das war der Zeitpunkt für den zukünftigen Karl VII., der sein halbes Königreich verloren hatte, sich an die Loire zurückzuziehen. Ein sanfter Strom, umgeben von guten, friedlichen Franzosen und wildreichen Wäldern, der Kern des Landes. Also zieht er um: vom Château de Loches, wo er seine amourösen Abenteuer mit Agnès Sorel verlebte, in das von Chinon. In dessen Audienzsaal empfängt er inkognito, im Kreis seiner Höflinge, Jeanne die Lothringerin, spätere Johanna von Orléans, die gleich ihr erstes Wunder vollbringt, indem sie den Herrscher sofort erkennt.
Sein Sprößling Ludwig XI., »Die große Spinne«, ist ähnlich vorsichtig und schlägt sein Lager in Loches und Plessiz-les-Tours auf, seinem Sterbeort. Dem Kardinal La Balue entzieht er seine Gunst, was bedeutet, dass er ihn im Kerker von Loches in einen Eisenkäfig sperrt, der an einer Kette von der Decke herab baumelt. Würden wir eines Kardinals habhaft werden, so verführen wir gleich. Zur Entspannung pflegt Ihre Majestät in Ihren Hobbykeller hinabzusteigen und Ihre Eminenz ein wenig zu necken. Ludwig XI. bleibt dem Fluß treu: zu seiner Grabstätte bestimmt er Notre-Dame-de-Cléry.
Danach tritt sein Sohn Karl VIII. auf den Plan, der auf der Rückkehr von seinem Italienfeldzug die Renaissance im Gepäck mitführt. Ein guter Grund, das Schloß von Amboise zu verschönern, was ihm allerdings nicht gut bekommt: in diesem Schloß wurde er geboren und an ihm sollte er sterben, nachdem er sich an einem Türrahmen die Stirn eingerannt hatte. Dieser Vorfall hat die Liebe zu Amboise merklich abgekühlt, so dass sein Nachfolger Ludwig XII. seine Residenz in Blois bezieht. Er baut das Schloß wieder auf, quartiert Anne de Bretagne darin ein und macht ihr vier Kinder.
Franz I. eröffnet das Jahrhundert der vagabundierenden Könige. Die letzten Valois waren Luxuspfadfinder, die den Jahreszeiten und Einladungen von einem Schloß zum anderen folgten, mit ihrem Mobiliar, ihrem Geschirr und ihrem Hofstaat im Schlepptau. Franz I. verschönert also im Vorübergehen Amboise und Blois, während er auf die Verwirklichung seines großen Traums wartet: Schloß Chambord, für das er italienische Handwerker und Baumeister unter der Leitung eines genialen Architekten zusammenbringt: Leonardo da Vinci. Als unser Karl V. von Österreich/Spanien vorbeischaut, verschlägt es selbst ihm die Sprache. Aber Chambord wird nach Franz´ Tod nicht vollendet.
Wer mit dem eigen Fahrzeug auf den Spuren Franz I. oder der anderen Könige wandeln möchte, folgt der Route Historique de François I. oder der Route de la Vallée des Rois durch die Départements Loiret, Indre-et-Loire, Loir et Cher, Cher und Indre bzw. Loiret, Loir et Cher und Indre-et-Loire mit Fortsetzung in der Region Pays-de-la-Loire. Praktische Auskünfte zu Sehenswürdigkeiten, Unterkunft und dergleichen bei:
Danach beschleunigt sich der Lauf der Dinge. Heinrich II., der Diane von Poitiers im noblen Chenonceau unterbrachte, bekam anläßlich eines Turniers auf der Place des Vosges zu Paris von Montgomery eine Lanze ins Auge. Obwohl die Vorfahren unserer heutigen Quacksalber-Absahner alias Mediziner einige Knastinsassen vorzeitig zu Tode befördern lassen, um Heinrich ein neues Auge einzubauen, mißlingen derartige Operationen zu jener Zeit noch.
Sein erster Sohn Franz II. regierte nur ein Jahr, unter der Fuchtel der Katholischen Liga, und starb in Orléans an Mastoiditis (Schleimhautentzündung des Schläfenbeins).
Der nächste stirbt wieder eines königlicheren Todes: Heinrich III. hat Angst vor den Guise. Der Herzog von Guise war Anführer der Katholischen Liga. Im Schloß von Blois macht er seiner Angst und den Guise ein Ende: er läßt sie niedermetzeln und ergötzt sich vom Nebenraum aus an dem Schauspiel. Gebt dem König was des Königs ist: wenig später wird er selbst ermordet.
Der letzte Valois ist zugleich letzter König der Loire. Der Bourbone Heinrich IV. wird sich in der Hauptstadt niederlassen, mit den historischen Worten: »Paris ist eine Messe wert.« Der Hugenotte Heinrich, ein früher Wendehals, konvertierte aus Gründen des Machterhalts zum Katholizismus.