Vorfreude

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Neue Nachbarn

Die Häkeldecke wurde zum Vermächtnis

Alle freuen sich über die schwangere Roswitha

Als Roswitha schwanger wurde, erwarteten wir alle ein Kind. Ich häkelte eine Decke aus Baumwollgarn, zusammengesetzt aus einzelnen Motiven wie Lokomotive, Kamel, Palme, Löwe und vieles mehr – pünktlich zu Neles Geburt war sie fertig. Nele wurde unser aller Kind, wir genossen gemeinsam ihr Wachsen in dieses Leben. Alina hat heute zwei Kinder, Nele übergab ihr nach der Geburt ihres ersten Kindes die Häkeldecke als ihr Vermächtnis und Roswitha schickte mir ein Foto davon. Wir fuhren zusammen nach Sinub zum full-moon-barbeque, huldigten der Mondin und genossen Wochenenden auf „unserer Insel“. Wir verbrachten eine Zeit miteinander, die mir heute wie ein Traum erscheint. Wenn wir abends die drei älteren Mädchen zu Bett gebracht hatten und später noch einmal nach ihnen schauten, lagen sie ineinander verschlungen wie Welpen im Bett.


Auch in Amron bekamen wir neue Nachbarn. Das andere große Haus bezog eine australische Familie mit drei Kindern. Bob, ein Landwirt, sollte landwirtschaftliche Projekte der Kirche beratend begleiten. Seine Frau Anne und ich schlossen rasch eine Art Freundschaft, die bei weitem nicht so eng werden konnte wie die zwischen Roswitha und mir, aber immerhin war da in der Nachbarschaft nun jemand, den ich mal „auf eine Tasse Kaffee oder Tee“ besuchen konnte oder umgekehrt. Sie hatten drei Kinder, ihre älteste Tochter Kathrine wurde für Janna eine ebenso lose Freundin wie Anne für mich. Bald entschlossen sich Anne und ich zum gemeinsamen Besuch eines Yogakurses bei einer Inderin in Madang. Richtig pragmatisches Yoga für Westler lernten wir bei dieser indischen Mama – später in Deutschland habe ich das erworbene Wissen in Kursen für die Volkshochschule weitergegeben.

Als wir uns mehr gefordert sehen wollten, begannen wir, zu einer Videokassette workout nach Jane Fonda zu machen, in der Tropenhitze ein schweißtreibendes Unterfangen. Aber immer, nachdem wir uns so richtig ausgelebt hatten, wenn wir keuchend auf unseren Matten lagen, fühlten wir uns bestärkt, das Richtige zu tun. Anne machte in einem Korrespondenzkurs eine Ausbildung als Lehrerin, vor Prüfungen musste ich sie oft „abhören“, dann flog sie nach Port Moresby zu ihren Examina, und kam völlig erledigt zurück. Einmal kam sie gleich nach ihrer Rückkehr zu mir und meinte genervt: „Alles, was ich brauche, ist eine nette Tasse Tee!“ „A nice cup of tea“, das hörte sich in australischem Englisch an wie „a nois cappa tei“.