Begeisterung
Blödeleien auf Deutsch
Einen guten Eindruck hinterlassen
Immer wieder ein Highlight, unsere Insel
Ausgerechnet während Klemens` Besuch passierte die Sache mit dem Wassertank. Ich war gerade dabei, in der Küche Salat zu waschen, als ich auf den grünen Salatblättern kleine, dünne rote Würmchen entdeckte. Schlängelnd schwammen diese im Wasser umher; ich schaute fassungslos auf das Gewimmel. Roswitha, die dabei war, mir in der Küche zu helfen, stellte ungerührt fest: Das sind wrigglers, da müssen Moskitos es irgendwie geschafft haben, ihre Eier im Wassertank abzulegen. Was tun?, fragte ich. Erst mal müssen wir diese Mahlzeit retten, kam es von meiner pragmatischen Freundin. Ich holte von meinem Medizintisch Baumwollgaze, mit der ich die Wunden unserer Studenten zu verbinden pflegte, schnitt die Mullbinden zurecht und befestigte mehrere Lagen davon am Wasserhahn mit einem Gummi. Nachdem ich die Salatblätter noch dreimal gewaschen hatte, wechselte ich die Mullbinden aus: voller Ekel sah ich einen dicken roten Klumpen auf der alten Gaze, der von Leben nur so wimmelte. Beim Nudelnabschrecken schafften es ein paar der roten Würmchen trotz der erneut um den Wasserhahn gebundenen Läppchen, sich rot auf den hellen Nudeln zu ringeln, aber die räumte ich stillschweigend mit einem Löffel weg.
Beim Essen beratschlagten wir, wie dem Problem beizukommen sein könnte. Jochen hatte die rettende Idee: man müsse eine sparsame Dosis Kerosin in den Wassertank kippen, es würde sich wie ein Film auf der Wasseroberfläche verteilen und somit die wrigglers ersticken. Sie würden auf den Boden des Wassertanks sinken und wir müssten lediglich genug Wasser aus dem Tank lassen, um die wrigglers herauszuspülen. Allerdings dürfe es nicht zuviel sein, erklärte uns Jochen, denn sonst würde das Wasser nach Kerosin schmecken. Ich glaube, an diesem Abend hatte Klemens endgültig die Nase voll von unserem heißgeliebten Land, und das Essen nahm er höchst zögerlich zu sich.
Gleich nach dem Dinner machten sich die Männer im Schein von Taschenlampen an die Arbeit. Unter Johlen gossen sie eine knappe halbe Tasse Kerosin im strömenden Regen in den großen Wassertank neben dem Haus. Michael holte ein Stück Fliegengitter, sie schnitten es zurecht, befestigten es um das Einlaufrohr des Tanks, und als sie triefend nass wieder hereinkamen, meinten sie, nun bliebe nur noch das Warten. Keiner wollte an diesem Abend unter die Dusche, zu eklig war für alle die Vorstellung, die roten Dinger könnten sich auf unserer Haut räkeln. Am nächsten Morgen schmeckte und roch das Wasser ganz eindeutig nach Kerosin. Aber, nicht umsonst waren wir damals im Busch gewesen. Kurzentschlossen pumpte Michael aus der Betonzisterne mit der Handpumpe Wasser in den kleinen Tank auf dem Hausdach, so dass ich Kaffee ohne den üblen Kerosingeschmack aufsetzen konnte.
Wir hielten Kriegsrat, und Michael meinte, jetzt im April könnten wir es getrost noch wagen, den verseuchten Tank zu leeren, in ein paar Regennächten werde er sich wieder füllen, und bis dahin hätten wir ja das Zisternenwasser. Gleich am Nachmittag setzte er das Vorhaben mit einigen Studenten um, und ich war sehr beruhigt, als ich in der Nacht dem gleichmäßigen Trommeln des Regens auf dem Wellblechdach lauschte.
Nimmt das meiner Erzählung etwas von ihrer Farbenfreude? Für uns war das Leben mit all den kleinen Widrigkeiten, die es begleiteten, einfach nur unser Leben. Deutschland, dort zu leben, das war für uns weit weg; wir konnten uns nicht mehr vorstellen, unser Sein, unsere Sinne auf dieses Land einzustellen. Klemens erinnerte mich kürzlich am Telefon, noch während seines Aufenthaltes hätten wir die Kinder zum Flugplatz gebracht, und: Du hast natürlich Rotz und Wasser geheult beim Abschied. Vergessen, verdrängt? Ich weiß nichts mehr davon, ich möchte nur festhalten, in welchem Land, in welcher farbenfrohen Natur meine Kinder aufgewachsen sind.