Die Tourada
Mensch, Land und (S)Tier in Portugal
Die Tourada
Der portugiesische Stierkampf unterscheidet sich deutlich von der spanischen Corrida. Im Gegensatz zu den Regeln im Nachbarland bleibt der Stier nicht auf der Strecke. Als Mitte des 18. Jhs ein junger Adliger an den Folgen einer Tourada starb, wurde die Tötung des Stiers in der Arena verboten.
Der Stierkampf ist dennoch nicht minder grausam; die erbärmlich geschundenen Tiere finden später lediglich in einem Schlachthaus ihr Ende. Vielleicht dennoch nichts im Vergleich zu der »kalten« und daher unspektakulären Grausamkeit bei uns daheim, wo die Hörner abgesägt, die Rinder mit Hormonen und Kraftfutter gedopt werden, ihr »soziales« Leben im Stall unmöglich ist und die Kälber an einem Strick von dreißig Zentimetern hängen, um sich ja nicht hinlegen zu können, was dem Wachstum ja schaden würde.
Ein weiterer Unterschied zur spanischen Corrida: in Portugal wird vornehmlich zu Pferd gekämpft. Früher war der Stierkampf zu Pferd ausschließlich dem Adel vorbehalten. Der Stierkampf zu Fuß wurde von den Dienstboten betrieben, die ihren Herren auch im Kampf zur Seite standen, um ihnen aus brenzligen Situationen herauszuhelfen. Die Tourada beginnt mit einem Ritt, während dessen die Reiter, portugiesisch cavaleiros, sechs Spieße, sogenannte farpas, zwischen die Hörner des Stiers stoßen. Die Reiter beherrschen die Reitkunst vollkommen. Sie sind elegant gekleidet und ihre Pferde prachtvoll geschmückt. Nachdem er den Applaus der Menge entgegengenommen hat, überläßt der Reiter den peaos, den Männern zu Fuß, das Feld, die das Tier mit Tüchern ermüden.
Schließlich folgt der volkstümliche Teil der Tourada: der arrojado. Die forcados, früher mit Mistgabeln bewaffnet, acht an der Zahl, versuchen nun das Tier zu bezwingen, indem sie es an den Hörnern und am Schwanz packen. Dabei kann es recht gewaltätig zugehen. Das bezwungene Tier wird, wie gesagt nicht an Ort und Stelle getötet, sondern erst im nächsten Schlachthof, damit wir unser Steak schließlich doch noch kriegen.
Stierkämpfe finden normalerweise zweimal pro Woche von Ostern bis Oktober statt. Die berühmtesten sind jene in Lissabon, Santarém und Vila Franca de Xira.