Rasthaus
Keusche Heilige, sich verzehrende Bräute der Herr erprobt die Seinen
Hundefraß aus der Küche, heulende Weibsbilder
Da sie sah, dass wir gar nicht unterrichtet waren, fing sie an uns zu erzählen: Es sei der heil. Alexis der Sohn vornehmer, reicher und gottesfürchtiger Eltern in Rom gewesen, sei ihnen, die den Armen außerordentlich viel Gutes gethan, in Ausübung guter Werke mit Vergnügen gefolgt; doch habe ihm dieses noch nicht genug gethan, sondern er habe sich in der Stille Gott ganz und gar geweiht, und Christo eine ewige Keuschheit angelobet. Als ihn in der Folge seine Eltern an eine schöne und treffliche Jungfrau verheirathen wollen, habe er zwar sich ihrem Willen nicht widersetzt, die Trauung sei vollzogen worden; er habe sich aber, anstatt sich zu der Braut in die Kammer zu begeben, auf ein Schiff das er bereit gefunden gesetzt, und sei damit nach Asien übergefahren. Er habe daselbst die Gestalt eines schlechten Bettlers angezogen und sei dergestalt unkenntlich geworden, dass ihn auch die Knechte seines Vaters, die man ihm nachgeschickt, nicht erkannt hätten. Er habe sich daselbst an der Thüre der Hauptkirche gewöhnlich aufgehalten, dem Gottesdienst beigewohnt und sich von geringem Almosen der Gläubigen genährt. *
Nach drei oder vier Jahren seien verschiedene Wunder geschehen, die ein besonderes Wohlgefallen Gottes angezeigt. Der Bischof habe in der Kirche eine Stimme gehört, dass er den frömmsten Mann, dessen Gebet vor Gott am angenehmsten sei, in die Kirche rufen und an seiner Seite den Dienst verrichten sollte. Da dieser hierauf nicht gewußt, wer gemeint sei, habe ihm die Stimme den Bettler angezeigt, den er denn auch zu großem Erstaunen des Volks hereingeholt. Der heil. Alexis, betroffen dass die Aufmerksamkeit der Leute auf ihn rege geworden, habe sich in der Stille davon und auf ein Schiff gemacht, willens weiter sich in die Fremde zu begeben. Durch Sturm aber und andere Umstände sei er genöthiget worden, in Italien zu landen. Der heil. Mann habe hierin einen Wink Gottes gesehen und sich gefreut eine Gelegenheit zu finden, wo er die Selbstverläugnung im höchsten Grade zeigen konnte. Er sei daher geradezu auf seine Vaterstadt losgegangen, habe sich als ein armer Bettler vor seiner Eltern Hausthür gestellt, diese, ihn auch dafür haltend, haben ihn nach ihrer frommen Wohlthätigkeit gut aufgenommen, und einem Bedienten aufgetragen, ihn mit Quartier im Schloß und den nöthigen Speisen zu versehen. Dieser Bediente, verdrießlich über die Mühe und unwillig über seiner Herrschaft Wohlthätigkeit, habe diesen anscheinenden Bettler in ein schlechtes Loch unter der Treppe gewiesen, und ihm daselbst geringes und sparsames Essen gleich einem Hunde vorgeworfen. *
Der heil. Mann, anstatt sich dadurch irre machen zu lassen, habe darüber erst Gott recht in seinem Herzen gelobt, und nicht allein dieses, was er so leicht ändern können, mit gelassenem Gemüthe getragen, sondern auch die andauernde Betrübniß der Eltern und seiner Gemahlin über die Abwesenheit ihres so geliebten Alexis mit unglaublicher und übermenschlicher Standhaftigkeit ausgehalten. Denn seine vielgeliebten Eltern und seine schöne Gemahlin hat er des Tags wohl hundertmal seinen Namen ausrufen hören, sich nach ihm sehnen und über seine Abwesenheit ein kummervolles Leben verzehren sehen. An dieser Stelle konnte sich die Frau der Thränen nicht mehr enthalten und ihre beiden Mädchen, die sich während der Erzählung an ihren Rock gehängt, sahen unverwandt an der Mutter hinauf. Ich weiß mir keinen erbärmlichern Zustand vorzustellen, sagte sie, und keine größere Marter, als was dieser heilige Mann bei den Seinigen und aus freiem Willen ausgestanden hat. Aber Gott hat ihm seine Beständigkeit auf´s herrlichste vergolten, und bei seinem Tode die größten Zeichen der Gnade vor den Augen der Gläubigen gegeben. Denn als dieser heilige Mann, nachdem er einige Jahre in diesem Zustande gelebt, täglich mit größter Innbrunst dem Gottesdienste beigewohnet, so ist er endlich krank geworden ohne dass jemand sonderlich auf ihn Acht gegeben.