Ehrengäste

Body: 

Traditionelles Essen von Begesin

Ninguinis sind ein neugieriges Volk

Der stinkende Puma gibt nach und wäscht sich

Yagamars Mutter hatte den traditionellen Eintopf für uns zubereitet, der, wie ich wohl wusste, viel Arbeit machte. Er enthielt die üblichen Gartenfrüchte, hatte aber durch ein Blattgemüse, das ich besonders gern mochte, eine besondere Note. Dieses Gemüse, kangkong genannt, gab es nur in der Regenzeit, da es nur in sumpfigem Boden gedeihen konnte. Yagamars Mutter hatte ihren Garten außerhalb des Dorfes, aber sie hatte einen zweiten, großen Garten am Hang hinter der Station, unweit vom Ujapan. Ich hatte viel Respekt vor dieser Frau, die wie die anderen Dorfleute ihr Wasser aus dem Ujapan heraufschleppen musste. Dafür benützten sie inzwischen große Plastikkanister, während sie früher das Wasser in dicken Bambusrohren transportiert hatten. Durch meinen Hygieneunterricht wussten die Dorfleute, dass das Wasser unbedingt abzukochen war.


Nach dem Essen und langen Gesprächen mit den Dorfbewohnern, die größtenteils herbeigeeilt waren, um auch etwas von den „Fremden“ mitzubekommen, machten wir uns auf den Heimweg. Ich habe oft gedacht, dass die Niuginis wohl das neugierigste Volk dieser Erde sein müssen. Auf der Station gab es so gut wie kein Privatleben, jeder beobachtete jeden Schritt der anderen auf das Genaueste. Es konnte gut vorkommen, dass ich bei Mama Butut auftauchte und ihr eine – vermeintliche – Neuigkeit mitteilte, von der sie längst Kenntnis hatte.


In unserem Haus angekommen, rief ich energisch: „So, bevor wir uns zusammen setzen, nimmt erst einmal jeder eine ausgiebige Dusche, Wasser genug haben wir ja!“ Aus den Augenwinkeln sah ich David und George grinsen. Nacheinander nahmen wir unsere Eimerdusche, trafen dann im Wohnzimmer zusammen – und da saß Ben, gemütlich vor sich hinstinkend. Nun hatte ich genug. Wie ein Pfau plusterte ich mich vor dem jungen Mann – er dürfte etwas älter als ich gewesen sein – auf und drohte kategorisch: „Wenn du heute Abend mit uns zusammen sitzenwillst, dann gehst du jetzt unter die Dusche. Wenn Du Dich weigerst, kannst Du die heutige Nacht draußen verbringen! Ich will keinen stinkenden Puma in meinem Haus!“ Ohne ein einziges Wort des Widerspruchs stand Ben auf und trollte sich unter die Dusche. Den Rest des Abends verbrachten wir, einträchtig philosophierend wie am Vorabend, Wege für die Einheimischen suchend in dem Dickicht aus Ahnenverehrung und Neuzeit- Bewältigung. Es wurde wieder ein langer Abend und eine kurze Nacht, aber wir fanden zusammen so manchen Stein der Weisen, denn zum Glück hörte uns keiner der betroffenen Einheimischen beim Reden zu. Als die Drei am nächsten Tag mit ihren Wasserbüffeln weiterzogen, haben wir ihnen bedauernd nachgeschaut in dem Bewusstsein, in nächster Zukunft keinen solch anregenden Besuch zu bekommen.