Irkutsk
Irkutsk
Sehenswerter Zwischenstop
5191 km östlich von Moskau. Eine der ältesten und reizvollsten Städte östlich des Ural (630.000 Ew). Dazu tragen mongolische, burjatische und chinesische Einflüsse ebenso bei wie das jahrhundertealte Erbe der Verbannten und des nahen Baikalsees. Jahrzehnte sowjetischer Stadtplanung am Zusammenfluß von Angara und Irkut konnten nicht alle Reste kosmopolitischer oder liebevoll-sibirischer Baukunst beseitigen.
Geschichte
Irkutsk wurde 1651 als Festung für ein Kosakenregiment gegründet, das die aufmüpfigen Burjaten bei der Stange halten sollte. Schnell stieg es zum Stützpunkt großer Expeditionen zum Polarkreis und an den Pazifik auf. Der Kaufmann Grigorij Schelechow unternahm zu Beginn des 18. Jh. von Irkutsk aus seine Touren über die Bering-Straße nach Alaska und hinunter bis Kalifornien. Seine günstige Verkehrslage förderte den Handel. Aus Sibirien wurden Pelze nach Süden geschickt, aus China, Tibet und der Mongolei kamen Seide und Tee zurück.
Bis zur Mitte des 18. Jh. war Irkutsk zum Verwaltungszentrum Ostsibiriens aufgestiegen, eines Gebietes größer als Kanada, und mußte nun eine besondere Aufgabe übernehmen: als Exil für die Verbannten des Zaren. Von hier aus wurden Schriftsteller und polnische Aufständische, Dekabristen und Sozialrevolutionäre über die Weiten Sibiriens verteilt. Nach Verbüßung ihrer Strafen entschlossen sich viele, in Irkutsk zu bleiben, und bescherten der Stadt damit eine Blütezeit in Kultur und Bildung. Viele restaurierte Dekabristenhäuser zeugen von dieser Blüte.
Nachdem das große Feuer von 1879 drei Viertel der Stadt in Asche gelegt hatte, sorgten schon in den Folgejahren Goldfunde im Lena-Becken und die Ankunft der ersten Transsib am 16. August 1898 für den nächsten Aufschwung. Goldbarone ließen nun Prachtvillen und stolze öffentliche Gebäude im klassisch-russischen Stil errichten. Das Ausmaß der Reichtümer bescherte Irkutsk den Beinamen »Sibiriens Paris«.
Entsprechend hartnäckig und unter Admiral Koltschak auch erfolgreich wehrten sich Kaufmannsstand und Großbürgertum gegen die Oktoberrevolution, die allmählich immer weiter nach Osten schwappte. Erst als Koltschaks Weiße Armee 1920 geschlagen und ihr Admiral hingerichtet war, ergab sich Irkutsk den Sowjets. Diese Widerspenstigkeit mußte es teuer bezahlen. Aus einer glanzvollen Stadt wurde in weiten Bereichen ein sowjetisch-gesichtsloser »Industrie- und Wissenschaftskomplex« und ihre Lebensader Angara zum gebändigten Stausee.
Irkutsk ist bis heute ein bedeutender Umschlagplatz für Pelze. In einem Land, wo der nächste Ausrüster mit Faserpelz, Daunenjacke und Goretex fast 8000 km entfernt, die beißende Eiseskälte aber vor der Tür lag, war die Nutzung von Tierfellen mehr Überlebensfrage als ökologischer Diskussionspunkt. Aus dem florierenden Pelzhandel wurden inzwischen riesige Zuchtfarmen, z.B. an der Straße nach Listwjanka. Unter bedrückenden Verhältnissen dämmern hier Nerz und Zobel, Silber- und Blaufuchs, Hermelin und Zieselmaus ihrem Ende entgegen. Ausstellungsstücke zum Thema bietet das Naturkundemuseum.