Ulaan Baatar
Landeshauptstadt
Jurten neben Plattenbauten
In der Hauptstadt (620.000 Ew) lebt gut ein Viertel der Landesbevölkerung. Sie ist das unumstrittene politische, kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des Landes.
Am Horizont zeichnen sich die Silhouetten der zehnstöckigen Wohnblocks ab, eine Kuhherde trottet den Hügel hoch zu einer traditionellen Jurtensiedlung. Bevor mit dem Sozialismus die Moderne über Ulaan Baatar hereinbrach, lebten hier 25.000 Menschen. Die traditionellen, mit Filzdecken bedeckten Rundzelte, mit denen die Nomaden seit Jahrtausenden ihren Herden folgen, stehen am Stadtrand dicht gedrängt. Nirgendwo gibt es einen krasseren Widerspruch zwischen Bauformen hier die Jurte, dort der Hochhausblock, nichts dazwischen, nirgendwo eine enge Straße mit dichtgedrängten Läden. Auch vielen Mongolen erscheint diese Stadt als etwas Fremdes, das zu ihrer Lebensform eigentlich nicht paßt.
Gestern, heute, morgen
Das beste Plätzchen für einen ersten Überblick ist die Aussichtsplattform am Fuße des pompösen Denkmals für die sowjetisch-mongolische Freundschaft. Weit schweift der Blick über die Stadt, die sich am ungebändigten Tuul von Ost nach West hinstreckt. Diese Hochebene, von grünen Bergen umzingelt, wird von der eingleisigen Transmongolischen Bahnstrecke durchzogen. Das Stadtbild hat sich besonders in den letzten vierzig Jahren gründlich verändert. Mit seinen neoklassizistischen Prachtbauten und dem großzügigen Grundriß ähnelt es mehr einer russischen als einer asiatischen Stadt.
Wohnblocks in sozialistischer Plattenbauweise lassen die Silhouette wie eine der Trabantenstädte Moskaus oder Ost-Berlins erscheinen. Etwa die Hälfte der Einwohner wohnt in solchen Hochhäusern. An den Stadträndern sieht man von hier oben, hinter Bretterzäunen verborgen, die Heimstätten der anderen Hälfte der Hauptstädter: Jurten und primitive Holzhäuser. Bewohner dieser wie Slums wirkenden Quartiere treiben ihre Kühe in die Stadt, wo sie allenthalben in den Grünanlagen weiden.
Eine schwere Qualmwolke, die ungefiltert aus den Schloten der braunkohlebefeuerten Wärmekraftwerke quillt, liegt an klaren, kalten Herbst- und Wintertagen über der Stadt. »Aber besser Abgase als kaputte Kraftwerke«, zucken die Hauptstädter mit den Achseln. Seit die Russen die meisten Experten abzogen und keine Ersatzteile mehr liefern, kommt es immer mal wieder zu Stromausfällen. Dann stehen die Betriebe still, was einer nationalen Katastrophe gleichkommt: Über die Hälfte aller industriellen Einrichtungen der Mongolei sind in Ulaan Baatar konzentriert. Dann verkehrt kein Trolleybus, bleiben die Heizkörper in Wohnungen, Schulen und Amtsstuben kalt, dann versiegt der Wasserhahn. Nur in den Jurten verbreiten die mit Kuhfladen geheizten Öfen wohlige Wärme.
Lage
Ulaan Baatar liegt im südlichen Chentii-Mittelgebirge in einem grabenartig verbreiterten Steppental auf 1351 m Höhe. Das Tuul-Tal ist in ost-westlicher Richtung 30 km lang und 4-7 km breit. Im Norden und Nordosten reichen die Ausläufer des Gebirges bis an die Stadt heran. Im Süden erhebt sich das Bergmassiv des Bogd Uul bis auf 2257 m. An der Nordflanke ist es noch mit sibirischer Fichten- und Lärchentaiga bedeckt, während die südexponierten Hänge vollständig der Gebirgssteppe angehören.
Zwischen dem Tuul und dem Nordrand des Tales liegen drei Terrassen. Den Hauptteil der Stadt trägt die mittlere Schotterterrasse, die besonders breit am Talausgang des von Norden zufließenden Selbe entwickelt ist. Auf dieser Terrasse sind die Hauptverkehrsachsen von Straße und Eisenbahn angelegt. In den Schotterkörpern der unteren und mittleren Terrasse bewegen sich ergiebige Grundwasserströme, die für die Wasserversorgung von Bedeutung sind.
Geprägt durch ein extremes Kontinentalklima sind die Winter sehr kalt (bis zu minus 20 Grad) und die Sommer kurz und heiß. Das ganze Jahr über ist die Luft sehr trocken.