Kuddelige Einhörner

Blumen, Farben und heimliche Verführungen

Der Kuss des Einhorns | List Verlag | 316 Seiten | 8,95 Euro | von Tracy Chevalier

Paris, 1490: Nicolas de Innocents, ein am Hofe angesehner Portraitmaler, erhält von Jean le Viste, einem beim König hoch anerkannten Hofbeamten den Auftrag, Vorlagen für Wandteppiche anzufertigen. Was zunächst ein Abbild der Schlacht bei Nancy werden soll, wandelt sich unter dem Einfluss der Hausherrin Geneviève de Nanterre bald zu der Darstellung einer Verführung: Sechs Wandteppiche werden geplant, die die Jagd einer Jungfrau auf ein Einhorn darstellen soll (ein Einhorn, das seinen Kopf auf den Schoß der Dame legt, symbolisiert Verführung).

Zwei Jahre dauert das Prozedere, in dem Nicolas die Vorlagen des Gobelins zeichnet und Teppichweber in Brüssel die Tapisserie, sprich die auf die Gemälde folgenden "Cartons", die Färbung und die Webung ausführen. Verliebt in die Tochter seines Auftraggebers, verarbeitet der Maler Nicolas die Konturen Claudes und die ihrer Mutter in den Wandteppichen. Für ihre Tochter hat Geneviève jedoch andere Pläne, und so schickt sie Claude in ein Kloster, während Nicolas die Arbeit der Weberei in Brüssel überprüfen muss. So kommt auch die blinde Tochter des Webers, von Nicolas verführt, in den Genuss als Vorlage für die Wandteppiche zu dienen.

Der Wandteppichserie "Die Dame mit dem Einhorn" fasziniert schon seit Langem wegen ihrer Schönheit und Rätselhaftigkeit. Wie schon in "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" gelingt es Tracy Chevalier auf bezaubernde Art und Weise, fiktiv Licht ins kunsthistorische Dunkel zu bringen...

Ein wunderbarer, äußerst flüssig zu lesender historischer Roman, der als besonders sinnvolles Gimmick alle sechs Wandteppichteile mit abgebildet hat.

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