Port Baikal

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Port Baikal

Todegeweihte Stadt

Gegenüber von Listwjanka, jenseits der Angara. Einer der melancholischsten Orte (500 Ew) am Baikalsee. Straßen-, verkehrs- und leblos – die übriggebliebenen Bewohner verdingen sich in den Schiffswerkstätten oder pendeln mit dem Nachtzug zum Bergbau nach Kultuk oder Sljudjanka. Was hatte dieses Jahrhundert der kleinen Hafensiedlung dabei nicht alles verhießen.

Geschichte

Die Zugstrecke nach Irkutsk wurde unter viel Pomp 1898 eingeweiht. Als die Eisbrecher-Passagierdampfer aus England endlich zusammengebaut waren, konnte im April 1900 der reguläre Fährbetrieb von Port Baikal nach Mysowsk (heute Babuschkin) am Ostufer beginnen. Die Schiffe Baikal und Angara beförderten den ganzen Transsib-Zug samt Fahrgästen und Ladung über den See. Dann folgte 1905 noch die Verlängerung der Circumbaikal-Bahnstrecke um die Südspitze des Sees nach Mysowsk und Ulan-Ude. Port Baikal sah sich auf dem Weg zu Ruhm und Ehren.

Doch welch Rückschläge danach! Nach dem Bau des Staudamms bei Irkutsk in den 50er Jahren versank die Bahnstrecke entlang der Angara vollständig in deren Fluten. Zuvor waren die Arbeiten an der Transbaikal-Schiene beendet worden, die sich von Irkutsk mitten durch die Taiga nach Kultuk zur Südspitze des Baikal schlängelt. Seither steht Port Baikal meilenweit im Abseits und wird von Wanderern dafür umso mehr geliebt.

Übernachten & Essen

Gelegentlich erhalten Touristen am Bootsanleger Angebote, in einem der Holzhäuschen am Hang preiswert zu übernachten. Legen Sie einfach diesen Wie-gerne-würd-ich-im-Holzhäuschen-übernachten-Blick auf.

Entlang der alten Bahnstrecke am Seeufer gen Südwesten warten etliche gute Plätzchen zum Zelten. Im Wartesaal des Bahnhofs schnarchen die Berufspendler der Zugabfahrt entgegen.

Wer nicht nur von Beeren und Kräutern vegetieren will, sollte allen Proviant selbst mitbringen.

Circumbaikal-Schiene

Die Bahnstrecke von Port Baikal nach Kultuk und Sljudjanka wurde nach dem Desaster des abgetauchten Zuges auf dem (nicht genug) zugefrorenen See 1905 unter größten Mühen aus den unmittelbar ans Ufer reichenden Bergen und Felsen gehauen. Auf dem schwierigsten Abschnitt der gesamten Transsib waren auf 94 km über 40 Tunnels und 30 Brücken notwendig. Diese Pionierleistung verlor in den 50er Jahren mit der Transbaikal-Abkürzung durch die Taiga ihren Sinn. Heute erlebt das einsame Gleis täglich nur noch zwei bis vier Nahverkehrsschüttler und ein bißchen Güterverkehr.

(Schein-)Tote Gleise reizen natürlich zu Wanderungen, zumal wenn sie so herrlich zwischen kristallklarem See und saftigen Berghängen liegen. Der Blick nach Süden über einen der tiefsten Baikalgräben auf die Berge des Chamar-Daban (bis zu 2371 m) ist prächtig. Über weite Strecken verläuft ein Trampelpfad neben dem vor sich hinrostenden Gleis. Ansonsten geben die breiten Schweller den zermürbenden Marschierrhythmus vor.

Niemand wird die gesamten 94 km zurücklegen wollen. Eine Tagestour kann aber 15 bis 20 km umfassen. Für den Rest der Strecke greifen Sie auf den Zug zurück, dessen Abfahrtszeiten bei den wenigen Einheimischen entlang der Strecke zu erfragen sind. Vergewissern Sie sich zweimal.

»Schienenläufer« brauchen keine Landkarte, aber eine Wasserflasche (nicht immer Abstieg zum See möglich), Taschenlampe (für einige Tunnel), Sonnenbrille und Hut. Im Sommer wird es auf den schattenlosen, wärmeabstrahlenden Gleisen über 30 Grad heiß. Für Abstecher in die weglosen, unbesiedelten Taigahänge ist ein Kompaß nötig.

Verbindungen

Täglich pendelt das Schiff Babuschkin sechs- bis achtmal bis zur Abenddämmerung zwischen Listwjanka und Port Baikal. Die einfache Fahrt dauert 20 Min.

Das schöne Holzgebäude des Bahnhofs mit durchgehend geöffnetem Wartesaal war für glorreiche Transsib-Tage errichtet worden und wirkt inzwischen drei Nummern zu groß. Täglich gegen 2.30h (!) rattert ein Pendlerzug mit 96 offenen Liegeplätzen pro Wagen nach Kultuk. Da er an jeder Milchkanne hält, benötigt er für die 94 km über fünf Stunden und kehrt spätnachmittags zurück. Der Zug steht zwar schon abends im Bahnhof bereit, wird aber erst unmittelbar vor der Abfahrt geöffnet. Gelegentlich verkehrt ein zweiter Personenzug – vor Ort danach fragen, da keine Fahrpläne aushängen.