Nachfolgerstaaten
Thronfolger der Hunnen
Nomadenaufstände
Xianbi & Ruan Ruan
Auf dem Gebiet der heutigen Mongolei herrschte weiterhin Durchgangsverkehr. Die Xianbi, die die Xiong-nu ab 155 beerbt hatten, wurden Mitte des 3. Jh. von den Ruan Ruan verjagt. Diese traten ihrerseits kurz nach 560 mit anderen Völkern als Awaren in Ungarn auf und wurden zu Vorfahren der Magyaren.
Die Ruan Ruan (auch Mongoltataren) zogen als Nomaden und Jäger mit ihren Jurten im Lande umher. Ihr Anführer Shelun (394-410) nahm den Titel »mächtigster Khan« an. 425 und 429 versuchten die Chinesen vergeblich, das Gebiet der Ruan Ruan zu erobern.
Chinesische Mauer
Um sich vor den Einfällen der diversen Steppenvölker zu schützen, bauten die Chinesen die berühmte Große Mauer. Das größte Bauwerk der Menschhheit wurde unter dem Qin-Kaiser Shih Huang Ti um 213 v. Chr. begonnen, bis ins 6. Jh. n. Chr. weiter ausgebaut und während der Ming-Dynastie (1368-1644) in die heutige Form gebracht. Die Mauer dehnte sich nach ihrer Fertigstellung Mitte des 17. Jh. vom chinesischen Turkestan (Gansu) bis zum Pazifik (Golf von Liaotung). Sie bestand nach ihrer Fertigstellung aus 40.000 massiven Wachttürmen im Abstand von 100 bis 2000 Metern, 25.000 auf der Mauer, 15.000 alleinstehend.
Aus einem Geröllkern, mit Steinen oder Ziegeln ummantelt, entstand eine »Mauerlandschaft« aus zahlreichen kleineren Mauern in einer Gesamtlänge von über 6200 km. Sie verliefen immer auf dem höchsten Rücken der Hügel, kein Hindernis wurde umgangen. Millionen Menschen wurden für die Bauarbeiten eingesetzt, Zehntausende starben dabei.
Awaren
Im 6. Jh. kam es im Kernland der Mongolei zu einer Vereinigung nomadisierender, aber auch ackerbautreibender Stämme unter dem Namen »Türkisches Khaganat«. Die Führer dieses Zusammenschlusses nannten sich Khagane. Der Untergang des Ruan Ruan-Reiches war ein Erfolg der Turkvölker, die, mit ihrem Kern im Altai siedelnd, etwa 552 zum ersten Male geschichtlich faßbar wurden.
Im westlichen Teil des Khanats lebten damals die Kök (Tökut oder Altai-Türken). Sie waren geschickte Handwerker und berühmte Waffenschmiede. Bis 555 befreiten sich die Kök von der Oberherrschaft der Ruan Ruan und schlugen deren Khan Anluochen in die Flucht. Bald waren die meisten überlebenden Ruan Ruan von den Türken assimiliert.
Nur ein Teil von ihnen, die Awaren, war bereits um 460 nach Westen abgewandert und ließ sich in der Kaspischen Senke und später auch in den Karpaten nieder. Nach 558 bedrohten sie Ostrom, dessen Bundesgenossen sie ursprünglich gewesen waren, und vernichteten 566 im Bunde mit dem Langobardenkönig Alboin die ostgermanischen Gepiden. Dann ließen sie sich an Donau und Theiß nieder, von wo sie durch Unterwerfung der angrenzenden »Sclaveni« (Heiden, woraus sich im 19. Jh. das Wort Slawen entwickelte) 568 ein eigenes Reich errichteten, das Dalmatien, Ostrom und das fränkische Merowingerreich beunruhigte.
Den Verfall des Awarenreiches vollendete Karl der Große bis 803, und um 822 verschwinden die Awaren aus der Geschichte. Nur im Kaukasus gibt es noch Awaren, die heute eine kaukasische Sprache sprechen.
Das Reich der Osttürken hatte mehrmals unter chinesischen Einfällen zu leiden, und bald zog ein Teil der Türken hinter den Ruan Ruan nach Westen. Die in der Mongolei gebliebenen Teile wurden 630 und 659 der chinesischen Tang-Dynastie tributpflichtig. Ein 682 in der Äußeren Mongolei nachweisbarer Staat bestand mindestens bis zum Jahre 744, als er durch das Reich der manichäischen Uighuren abgelöst wurde. Diese waren ihrerseits von den Kirgisen vertrieben worden.
Kirgisen
Die Uighuren, deren Nachkommen noch heute in der chinesischen Autonomen Region Xinjiang (Sinkiang) leben, hatten sich mit den Chinesen verbündet und mit deren Hilfe das Gebiet der Turkvölker unter ihre Kontrolle gebracht. Sie errichteten um 744/45 ihre Hauptstadt in Busat am Orchon-Fluß, konnten sich jedoch nur knapp 100 Jahre halten. Dann eroberten die aus der Jenissei-Region stammenden Kirgisen das Uighurenreich, das sie von ihrem Hauptsitz südlich des Duman-Gebirges bis 924 regierten.
Die Besiedlung der Mongolei durch mongolische Viehzüchter erfolgte vom 10. bis 12. Jh. Erst unter dem Einfluß der iranischen Saken und türkischen Reiternomaden wurden die Hirtennomaden zu Reiterkriegern. 300 Jahre lang spielte die Mongolei keine tragende Rolle in der Geschichte. Die Aufmerksamkeit der Chinesen war auf Nordchina und die Mandschurei gerichtet, wo das Steppenreich der Kitan bestand, mit dem sie sich im Guten wie im Bösen abfinden mußten.
Kitan
Die Kitan, die schon 1100 Jahre zuvor den Xiong-nu widerstanden hatten, dehnten ab dem 9. Jh. ihren Einflußbereich bis nach Korea und auch auf die Mongolei aus. Bis zum Ende des 10. Jh. hatten sie den größten Teil der Mandschurei, der östlichen Mongolei und einen großen Teil Chinas nördlich des Gelben Flusses unter ihre Kontrolle gebracht. Die »Eiserne« Liao-Dynastie (907-1125) in China wurde von den Kitan gegründet. Ihr Gründer Apaoki, der sich 907 den Titel »Himmlischer Kaiser« gab, war um 916 auch Oberherr der mongolischen Stämme.
Von Kitai, dem tatarischen Wort für die Kitan, ist die Bezeichnung »Cathay« für China abgeleitet. Von »ordo«, der Heereseinheit, in der die Kitan ihre Gardekavallerie zusammenfaßten, rührt das deutsche Wort »Horde« her, das zur Bezeichnung der mongolischen Heere wurde.
Das Regierungssystem der Liao vereinigte verschiedene Elemente. Steppennomadisch waren die wechselnden Hauptstädte, zunächst als Zeltlager. Stammesaristokratisch die durchgebildete Hierarchie mit Unterschieden zwischen »ordo«-Kriegern und freien Nomaden, zwischen Nomaden und seßhafter Bevölkerung. Beamtenstaatlich schließlich der von den Chinesen übernommene Aufbau der Verwaltung. Dieses System beeindruckte die Nachbarn so sehr, dass noch heute in islamischen und slawischen Staaten der Name »Kitan« China bezeichnet. Dschingis Khan nahm daraus manches zum Vorbild.
1125 wurden die Kitan von den Dschurdschen, Vorfahren der Mandschuren, in der Herrschaft auch über die Mongolei abgelöst.