Doppeldecker
Doppeldecker
Steigen wir in den Bus - nein, springen wir vielmehr auf die Plattform und
klammern uns an der Stange in der Mitte fest. Der »conductor« - was soviel heißt
wie Schaffner - bittet bald darauf mit einem lauten »Fares, please!« um Aufmerksamkeit
und erkundigt sich damit zugleich nach unserem Fahrziel. Dann nimmt er einen
komischen klikkenden Apparat in Betrieb und fördert einen langen Papierstreifen
zutage (oftmals sammeln Schüler solche Fahrscheine mit der Zahl 7; übrigens
wird allerhand Krimskrams gesammelt, von Zugseriennummern angefangen bis zu
alten Münzen vom Themseufer, wobei letztere Tätigkeit fröhlich als »mudlarking«,
also Schlammstochern, bezeichnet wird), und bedankt sich bei uns mit »Thanks
love« oder »Thanks ducks« in typischer Cockney-Manier. Die besten Sitzplätze
sind auf dem Oberdeck ganz vorne. Da Rauchen ist übrigens seit Ende 1990 auch
auf den hinteren Plätzen verboten. Es empfiehlt sich, mit einer »Capitalcard«
(sieben Tage lang gültig) oder einer »Travelcard«, auf bestimmten Strecken gültig,
den Bus zu nehmen und einfach bis zur Endhaltestelle mitzufahren - Sightseeing
quer durch alle möglichen Stadtviertel. Dabei offenbart sich die erstaunliche
Vielfalt von London: Chelsea ist nicht mit der Innenstadt zu vergleichen, und
es gibt wohl kaum etwas Unvergleichlicheres als Bayswater und Whitechapel.
Manche Busstrecken sind von besonderem Anziehungskraft, etwa die Linie 19 mit
dem Spitznamen »class system bus«, weil ihre Route durch die Wohngebiete aller
britischen Gesellschaftsschichten führt. Die Linie 11 hat einen tadellosen moralischen
Ruf, wenn man der Schriftstellerin Elisabeth Bowen glauben darf: Der Bus fährt
bei Shepherd´s Bush los, worüber es noch nie Schlechtes zu sagen gab - streift
kurz die unschuldige Bohème von Chelsea - nimmt die Einkaufsbummler bei Peter
Jones auf - läßt Pimlico hinter sich, bevor der leiseste unzüchtige Gedanke
aufkommen kann - fährt dann bis dicht an die Pferdeställe der Krone, den Victoria-Bahnhof,
Westminster Abbey und die Parlamentsgebäude - und steuert würdevoll durch Whitehall.
Nach einer unvermeidlichen aber kurzen Begegnung mit dem Laster entlang der
Strand begibt er sich in die Liverpool Street und durchquert die vornehmen und
seriösen Viertel der City. Abgesehen von ihren offensichtlichen moralischen
Qualitäten ermöglicht die Linie 11 das Kennenlernen einiger der interessantesten
Londoner Viertel. Beachten Sie auch die Linien 6 und 9 zwischen der City und
Bank sowie die Linie 15 zum Londoner Tower. Diese Fahrt durch das Herz der Stadt,
den ersten Teil unseres Puzzles, führt auch gleich in den zweiten Teil und beschreibt
eine repräsentative Schleife durch London.