Gut & Günstig
Die billigere Einkaufsroute
Gemeint sind hiermit nicht nur die SecondHandGeschäfte, sondern auch die etwas abseits der Einkaufsmeilen gelegenen Boutiquen. Da diese kreuz und quer in der Stadt verteilt und fast alle von besonderem Interesse sind, sollten wir für diese Strecke möglichst einen kleinen Stadtplan einstecken, um die für uns günstigste Strecke zu wählen. Nicht, dass jemand in dem Gewirr von Straßen, Gäßchen und Grachten noch verlorengeht ...
Ausgangspunkt ist wieder der Dam. Folgen wir links vom Palast der Paleisstraat, wo sich vor Jahren kleine Geschäfte und Betriebe niedergelassen haben, wie z.B. der biologische Gemüseladen de Spruitjes und der Getränkehandel de Bierkoning, der den Durstigen gleich vor die Qual der Wahl aus hunderten verschiedener Sorten Bier stellt. Hier überqueren wir den Nieuwzijds Voorburgwal und schlendern geradeaus weiter durch die Paleisstraat.
Wer auf dem Gebiet der Bildenden Kunst auf dem laufenden bleiben will, schaue um die Ecke in der Spuistraat bei der Galerie d´ Eend kurz rein, um daraufhin seinen Weg durch die Paleisstraat fortzusetzen. An der Ecke mit der Single das Café ´t Paleis, wo wir nachher unsere letzten Kröten für einen Kaffee ausgeben können. Nach der Brücke beginnt der Gasthuismolensteeg bloß keine Bange, diesen Namen braucht ja niemand unbedingt auszusprechen mit mehreren ansehnlichen und originellen Geschäften, wie z.B jenem Laden, der ausschließlich mit Drachen in allen Farben, Formen und Preisklassen handelt. All die malerischen Seitengäßchen zwischen Rozengracht und Leidsestraat sind gleichermaßen von Interesse. Hier einige der lohnendsten Ecken.
Wir wandern also nach der Brücke links an der Wolvenstraat vorbei und dann rechts in die Huidenstraat. Hier erwartet uns ein wundervolles Geschäft für Innenausstattung, Het Binnenhuis, mit tollen Einrichtungsgegenständen, die aber auch ihren Preis haben. Das Angebot indes ist so einzigartig, dass es sich auf jeden Fall lohnt, nicht mit leeren Händen wieder herauszukommen. Es ist unwahrscheinlich, die Objekte jemals andernorts wiederzusehen. Ein weiterer Laden ist Zipper mit gut erhaltener, wunderschöner SecondHandKleidung; insbesondere Mode der fünfziger oder sechziger Jahre, egal ob Sommer oder Winterkleidung, ist überdurchschnittlich vertreten. Je nach Saison finden sich hier die ausgefallensten Textilien.
Dann zwei weitere Geschäfte, die man um keinen Preis auslassen sollte: JoJo, ebenfalls mit hübschen Gebrauchtklamotten, und Madame Pompadour, wo man wirklich die besten Pralinen in Amsterdam kaufen kann. Jenseits der Brücke erreichen wir die Runstraat mit einem hübschen, malerischen Blumengeschäft und das de Witte Tandenwinkel (das weiße Zahngeschäft), welches ausschließlich Zubehör für die Mund und Zahnhygiene führt. Sehr interessant für diejenigen die gerade bei Madame Pompadour zugeschlagen haben...
Der Plattenladen in dieser Straße, de Koperen Hoorn, vermietet nur Platten und CDs und ist demnach uninteressant für den normalen Besucher der Stadt. Ihm gegenüber befindet sich jedoch der Kookboekhandel mit Kochbüchern aus der ganzen Welt und in allen Sprachen. Sowohl das Angebot an neuer wie das auch an antiquarischer Schlemmerliteratur ist ganz beachtlich. Wenn man den Besitzer, J. Van Dam, sieht, weiß man, warum er gerade diese Bücher verkauft ... Und bei Betreten des Ladenlokals bitte darauf achten, dass das Katzenvieh nicht entwischt.
Wir überqueren nun die Prinsengracht und begeben uns in die Looiersgracht, wo Geschäfte spärlicher gestreut sind. Rechterseits der überdachte Flohmarkt de Looier, auf dem man wirklich noch beim Stöbern tolle Sachen aufgabeln kann, und kurz dahinter ein Geschäft mit fantastischen alten Reklameschildern und anderen Artikeln. Wir halten uns rechts an die Lijnbaansgracht und sofort wieder rechts an die Elandsgracht. Fast unmittelbar dahinter folgt auf der rechten Seite der Antiquitätenmarkt de Looier. Wer in Amsterdam noch wirklich günstige Antiquitäten erstehen will, kann hier Erfolg haben. Ein Stück weiter auf der rechten Seite liegt die Spielwarenhandlung Coco mit trefflichem alten Spielzeug. An der Ecke Elandsgracht die früher wirklich mal eine Gracht war, bis sie zugeschüttet wurde und Looiersdwarsstraat, ein auffälliges Geschäft, meist mit mehreren Ansichtskartenständern auf dem Gehweg. Auch drinnen locken zahlreiche schöne Karten, Poster, Notizbücher u.ä.
Hier geht´s weiter, indem wir die Elandsgracht überqueren und sodann schnurstracks in die Patisserie Arnold Cornelius (oder dran vorbei). Dort bekommen wir den besten ChampagneBavaroise der Stadt. Wir folgen der Hazenstraat und sehen auf der linken Seite einen kleinen Schuhmacher, der offenkundig noch sein Handwerk versteht. Leider dauern Reparaturen immer ihre Zeit, und es lohnt sich für eilige Besucher kaum, die Schuhe dort ausbessern zu lassen. Die Straße zählt weiterhin mehrere schmucke Kleidungsgeschäfte, darunter vor allem SecondHandLäden. Aufpassen bei einigen der Coffieshops in dieser Straße, denn dort wandert der bereits beschriebene »Special Cake« über die Theke.
Unseren Weg setzen wir hoffentlich nüchternen Schrittes über die Brücke der Lauriergracht fort und nehmen die erste Straße rechts, die Laurierstraat, dann die erste links, die 1e Laurierdwarsstraat bis zur Rozengracht. Dort rechts ab und ein Stück die Rozengracht entlang. Die Buchhandlung Univers hält deutschsprachige Zeitungen und Zeitschriften vorrätig, wie auch auf das Geschäft nebenan, in welchem Bücher zu günstigen Preisen verkauft werden. Dann die erste Straße links ab schräg gegenüber von Univers in die 1e Bloemdwarsstraat. Hier nun auf der rechten Seite der Kinderboekenwinkel, für uns allerdings höchstens wegen der Bilderbücher von Belang. Lenken wir ein Stück weiter links an der Ecke unsere Aufmerksamkeit auf einen Laden mit tollen und verrückten Filmpostern und Fotos von Filmstars. Dieser Straße, der Bloemstraat, folgen wir nun rechts ab bis zur Prinsengracht. Dort links, geradeaus bis über die Brücke der Bloemgracht, wieder links und sofort rechts in die 1e Leliedwarsstraat. Rechter Hand nun Tulips, ein Textilgeschäft, das schon mal extravagante Kreationen für wenig Geld bietet. Gegenüber Exota, die Adresse für Liebhaber lässiger, modischer Kleidung von hoher Qualität. Die Straßennamen in dieser Gegend verwirren sehr, da sie alle paar Häuser wechseln. Lassen wir uns jedoch nicht entmutigen, wenn wir mal wieder in der falschen Straße gelandet sind.
Die drei Gassen zwischen Egelantiersgracht und Westerstraat geben alle ein sehr idyllisches Bild ab. Man kann hier entweder geradeaus in die 2e Egelantiersdwarstraat oder ein Stück nach rechts und dann nach links in die 1e Egelantiersdwarsstraat. In der 2. Egelantiersdwarsstraat und den darauf folgenden reihen sich lauter Kleidungsgeschäfte, eines schöner als das andere. In der 1. Egelantiersdwarsstraat gibt es zwar nur wenig Läden, dafür aber eine Handvoll ganz besonderer Adressen. Nun marschieren wir weiter bis zur Westerstraat, rechts ab bis zur Prinsengracht, dort scharf rechts bis gleich rechter Hand The English Bookshop mit An und Verkauf englischer Bücher auftaucht. Vor Fortsetzen des Bummels bitte zunächst mal das seltsame, rosafarbene Haus am anderen Ufer der Gracht eines Blickes würdigen.
Wir überqueren hier die Brücke und folgen der Prinsenstraat, ein Stück weiter Herenstraat genannt. Hier sind mehrere sehenswerte Geschäfte zu vermelden sowie auch ein Lebensmittelladen. Amsterdam ist übrigens die einzige Stadt in den Niederlanden, die derartige Geschäfte kennt. Dieses stammt noch aus dem 17. Jahrhundert und hat sich seitdem kaum verändert. Leider liegen die Preise in einem solchen Laden immer kräftig über denen der herkömmlichen Geschäfte auch das seit dem 17. Jahrhundert. Tradition verpflichtet eben!
Weiterhin liegt an dieser Straße Pol´s Potten, wo riesige oder auch ganz winzige selbstgetöpferte und importierte Blumentöpfe zu erstehen sind. Dann noch zwei Läden fürs leibliches Wohl: Slijterij de ware Jacob, mit Whisky, Champagner und Cognac verschiedener kleiner und größerer Marken, und Avenue 19 mit den schönsten Sachen für die Wohnung. In der Herenstraat warten auch zwei Floristen sowie ein Ledergeschäft mit hübschen Taschen auf Kundschaft.
Nach Erreichen der Herengracht rechts abbiegen bis zur nächsten Brücke, wo wir links der Oude Leliestraat folgen. Dann entlang des Delikatessengeschäfts Gijs und des Antiquariats de Toverberg, weiter über die Brücke mit Multatuli in den Torensteeg bis wir die Spuistraat kreuzen und durch den Molsteg endlich am Nieuwezijds Voorburgwal an der Rückseite des Palasts anlangen. Die Gravenstraat, an der Rückseite der Kirche, beschert uns einige lohnende Geschäfte, darunter auch das kleinste der Stadt mit seinen 1,5 m2. Folgen wir der Kirchenmauer, so passieren wir ein Schmuckgeschäft mit ausschließlich handgemachten, edlen Stücken in der Auslage. Schließlich taucht der Dam auf, und bei schönem Wetter werden wir nun endlich auf der Terrasse der Nieuwe Kerk einen Kaffee trinken und uns von dieser Strapaze erholen.
Ons Indië
Im Jahre 1995 war es 400 Jahre her, dass die ersten Niederländer unter Befehl von Cornelis de Houtman zu ihren Entdeckungsreisen aufgebrochen sind. Batavia, das heutige Jakarta, wurde Handels und Verwaltungsmittelpunkt von »Ons Indie« (Unser Indien) wie die Holländer ihre größte Kolonie, das heutige Indonesien, tauften. 350 Jahre lang beuteten sie das Inselreich aus, versklavten und rotteten ganze Völker aus.
»Sire, die niederländischen Besitzungen in Ons Indie wurden und werden schändlich schlecht regiert. Eure Staatsdiener sind schuld daran. Sire, die Folgen werden wir bald zu spüren kriegen: Aufstände, blutige Kriege und den Verlust der niederländischen Herrschaft.«
Das schrieb Multatuli vor über hundert Jahren und polarisierte damit die Öffentlichkeit derart, dass er sich aus den ach so toleranten Niederlanden schließlich ausgerechnet nach Deutschland flüchtete.
Wim Kok, der Helmut Kohl zu verstehen gab, die Zeit sei noch nicht reif für gemeinsame Gedenkfeiern anläßlich des Kriegsendes, hält es für wenig sinnvoll, rückblickend zu sagen, dass sich seine Regierung für den Kolonialkrieg 194549, bei dem ein Expeditionsheer von 150.000 Mann eingesetzt wurde, verantworten müsse. Mit dieser Argumentation hätte allerdings auch die Regierung Adenauer, so der Historiker Herman von Dunck, das Recht gehabt, alle im Namen des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen unter den Teppich zu kehren.
Richtig ins Rollen kam die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit durch den Heimatbesuch des indonesischen Menschenrechtsaktivisten Johannes »Poncke« Princen, der als Dreiundzwanzigjähriger desertiert war und sich den republikanischen Truppen des indonesischen Freiheitskämpfers und späteren Präsidenten Sukarno angeschlossen hatte. Sein Besuch in Holland riß alte Wunden auf. Bislang geheimgehaltene »Exzessenpapiere«, die holländische Soldaten Kriegsverbrechen beschuldigten, schreckten die Bevölkerung 1969 erstmals auf. Noch schlimmer: »Unser Auftreten kann mit dem der Deutschen und ihrer SS verglichen werden«, erklärte Princen. Augenzeugen berichten von Exekutionen, vom Niederbrennen ganzer Dörfer, von schrecklichen Foltermethoden, von Kriegsgefangenen, die beim Transport in Eisenbahnwaggons qualvoll erstickten. Bereits 1947 hatte die aus dem Widerstand stammende Zeitung Vrij Nederland (VN) über Lager berichtet, in denen ebensolche Zustände herrschten wie in den KZs, vom Auftreten des Hauptmanns Raymond Westerling, der Tausende von Menschen ermorden ließ, ganz zu schweigen. Weder er, noch andere Täter wurden aber je zur Rechenschaft gezogen, sondern ihre Verbrechen wurden als »Zwischenfälle« im Regierungsbericht 1969 abgetan.