Industrialisierung

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Gewerbe & Industrie

Versuche einer Industrialisierung

Die bescheidenen Anfänge einer Industrialisierung fallen in die zwanziger Jahre. Davor wurden Konsumgüter allein handwerklich und – soweit es sich nicht um viehwirtschaftliche Erzeugnisse handelte – von den ansässigen Chinesen hergestellt. Zunächst entstanden kleine Produktionsstätten vor allem in Ulaan Baatar. 1927 waren erst 225 Arbeiter in Industrie und Bergbau beschäftigt.

Als erste größere Anlage nahm 1931 eine Dampfwollwäscherei in Chatgal am Chöwsgölsee den Betrieb auf. Ferner wurde die kleine Lederfabrik in Altanbulag an der russisch-mongolischen Grenze erweitert und modernisiert. Es folgten Ziegeleien und Holzverarbeitungsstätten. Das kleine Elektrizitätswerk in Ulaan Baatar mit nur 60 kW Leistung wurde ausgebaut und schuf die Grundlage für die Entwicklung der Industrie im Stadtgebiet.

Anlaufschwierigkeiten

Die Inbetriebnahme der ersten Industrieunternehmen war aber mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Vor allem fehlte es an Arbeitskräften, die Maschinen bedienen oder gar Betriebe leiten konnten. Das Nomadentum, tief im freiheitsliebenden Volk wurzelnd, mußte bei Eintritt in einen Industriebetrieb oder eine sozialistische Genossenschaft aufgegeben werden. Mangelnde Arbeitsfertigkeiten und Analphabetentum waren weitere Hindernisse.

Deshalb wurden zunächst Facharbeiter aus der Sowjetunion eingesetzt, bis ein eigener Stamm von Facharbeitern in den jeweiligen Produktionszweigen herangebildet war. Durch die Auflösung der Klöster wurden 1937/38 Zehntausende von Lamas gezwungen, in Handwerksgenossenschaften, den neuen Industriebetrieben oder im Verkehrswesen zu arbeiten. Einige Handwerksgenossenschaften bestanden ausschließlich aus ehemaligen Lamas.

Das erste Industrieunternehmen von volkswirtschaftlicher Bedeutung wurde ab 1931 in Ulaan Baatar aufgebaut und 1934 in Betrieb genommen. Leder-, Schuh-, Stiefel-, Textil-, Filz- und Schafpelzproduktion sowie eine Wollwäscherei bildeten seinen Kern. Dieses Kombinat ist in den folgenden Jahrzehnten wiederholt erweitert und durch neue Produktionseinrichtungen ergänzt worden und ist heute der größte und leistungsfähigste Industriebetrieb des Landes.

Zur Sicherung der Energieversorgung mußte die Kapazität des städtischen Wärmekraftwerkes erweitert werden, was eine Steigerung der Braunkohleförderung in den Tiefbaugruben von Nalaich, südöstlich von Ulaan Baatar bewirkte. 1937 wurde eine Schmalspurbahn für den Kohlentransport in die Hauptstadt verlegt, den bis dahin Trag- und Zugtiere übernommen hatten.

1931 wurde die erste Handwerksgenossenschaft (Artels) gegründet. Im Gegensatz zur Industrie, die sich vor allem im Raum Ulaan Baatar angesiedelt hatte, entstanden Artels in fast allen Aimakzentren. Typisch für diese Unternehmen war die Vielseitigkeit der hergestellten Waren: Jurtengestelle, Filz, Decken, Schuhwerk waren ausschließlich für den Binnenmarkt bestimmt. Artels sollten gezielt den Bedarf an Gebrauchsgegenständen in den Aimaks decken.

Standorte

Der Zweite Weltkrieg unterbrach den Industrialisierungsprozeß zunächst. Diese Stagnation erfaßte auch die ersten Nachkriegsjahre. Ein neuer Aufschwung begann erst mit der Einführung der Planwirtschaft 1947. Er wurde mit dem Bau der Breitspurbahn vom russischen Grenzbahnhof Nauschki nach Ulaan Baatar eingeleitet. Die 1948 fertiggestellte Bahnlinie löste das Problem des Warenaustausches mit der Sowjetunion und schuf günstige Voraussetzungen für die weitere Entwicklung.

Ein schnelleres Tempo setzte aber erst im dritten Fünfjahresplan ein. Während 1960 die Bruttoproduktion der Industrie erst bei 677 Millionen Tugrig lag, erreichte sie 1983 bereits 5352 Millionen Tugrig. Der Anteil des genossenschaftlichen Sektors sank dabei von 18,4% auf 1,9%. Nach der Befreiung vom Sozialismus wurden in den letzten Jahren viele private Betriebe gegründet.

Der Industrialisierungsschwerpunkt liegt weiterhin im Raum von Ulaan Baatar und Nalaich, wo der vorhandene Ballungsvorteil ausgenutzt wird. Parallel dazu entstand um Darchan an der Transmongolischen Eisenbahn ein zweites Industriezentrum, dem in den siebziger Jahren die Bergbau- und Industrie-Standorte Erdenet und Baganuur folgten.

Energie

Große Aufmerksamkeit schenkte die mongolische Regierung in den letzten Jahrzehnten der Energie- und Brennstoffindustrie, dem Erzbergbau und der Baustoffindustrie. In Ulaan Baatar entstanden neben dem alten Kraftwerk drei weitere Energiezentralen. Kraftwerke auf Kohlebasis wurden auch in Darchan, Suchbaatar, Tschoibalsan und Ölgii errichtet. Hinzu kamen 17 Kleinkraftwerke auf Heizölbasis in Aimakzentren und transportable Dieselelektrostationen in Somonzentren.

Die installierte Kraftwerksleistung stieg von 60 MW (1960) auf 522 MW (1983). In den siebziger Jahren wurde das mongolische Energienetz an das Transbaikalische Netz der Sowjetunion angeschlossen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fehlt es an Ersatzteilen für die mongolischen Kraftwerke, so dass 1993 z.B. vier stillgelegt waren.

Neben der Stromerzeugung in Wärmekraftwerken sollen auch die Wasserkraft genutzt werden. Das erste kleine Wasserkraftwerk wurde am Orchon errichtet. Günstige Möglichkeiten bieten sich auch am Selenge und am Chowd in der Westmongolei.