Englische Küche

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Einführung in die englische Küche

Wer behauptet, die englische Küche sei nicht gut? Bestimmt nur Leute, die nichts von der Kompliziertheit des britischen Lebens begriffen haben. Um mehr darüber zu erfahren, beginnen wir am besten beim Vokabular fürs Breakfast:

Fry-up: dazu gehören Bangers (Würstchen) und Mash (Kartoffelbrei nach Cockney-Art), Eier, Leber und Bacon (wovon es unglaublich viele Sorten gibt), Kippers (gepökelter und geräucherter Hering), Schellfisch und Fritters (Fischfrikadellen).

Baked Beans: Weiße Bohnen, mit Tomaten gedünstet und gebacken, als traditionelle Beilage zu Würstchen oder Eiern mit Räucherschinken.

Scrambled Eggs: Rührei, das auf Toast serviert wird, ebenso wie die Beans.

Crumpets: gummiähnliches Hefegebäck, das getoastet mit Butter und Marmelade oder Honig verzehrt wird.

Cuppa oder Cuppo-Char: »Tasse« Tee, meist in Mugs (grossen Henkeltassen) serviert. Dazu eignet sich auch Coffee, nämlich heißes Wasser, das leicht mit Pulverkaffee gefärbt ist, mit Milch oder Sahne. Optisch ist der Kaffee normalerweise nicht vom Tee zu unterscheiden.

Marmite: diese komplizierte Zubereitung gibt es in kleinen Töpfchen zu kaufen. Es schmeckt andeutungsweise wie Suppenwürfel. Die teer- oder rußfarbene Marmite ist nichts für den Gaumen des durchschnittlichen Touristen. Es bedarf schon einer englischen Kindheit, um diesen klebrigen, aus frischer Brauhefe hergestellten Extrakt als Brot- oder Toastaufstrich zu schätzen.

Weiter geht es mit den Elevenses (Brotzeit um 10.30 Uhr) und dem Lunch (gegen 13 Uhr), wozu Folgendes gehört:

Sandwiches: benannt nach ihrem Erfinder, John Montagu, dem vierten Earl von Sandwich (1718 - 1792), der ihren Sinn vor allem darin sah, dass man sie essen konnte, ohne den Spieltisch verlassen zu müssen. Sie bestehen aus zwei dünnen Scheiben Brot (hell oder dunkel), gefüllt mit Cheddar oder anderem Käse, Shrimps, Mayonnaise, Tomaten- und Gurkenscheiben.

Nach einem arbeitsreichen Tag stürzt man sich auf den Tee (Tea oder High Tea), der am besten zu Scones schmeckt, kleinen runden Kuchen mit Butter und Marmelade als Aufstrich. Die Auswahl der Scones sagt einiges über das Klassenzugehörigkeitsgefühl aus. In der Lower-middle class (unteren Mittelschicht) reimt sich Scone auf Bone. Der Tee wandelt sich umso mehr zum High Tea, je mehr Gerichte dazu aufgetragen werden: Kaltes Fleisch, Sandwiches, Sardinen auf Toast, Koteletts, Welsh Rarebit (gebratener Käse) und Würstchen mit Gravy (dicke, dunkle Soße).

Verspüren Sie noch Appetit aufs Dinner (Abendessen)? Der Familien-Speisezettel ist abwechslungsreicher und schmackhafter, als man vermutet. Nur mal an die Pies, Fleisch- oder Fischpasteten denken, deren bekannteste natürlich die Steak and Kidney Pie ist. Die Engländer lieben Pasteten, ob süß oder würzig. Besonders geschätzt werden die Pork and Apple Pie (mit Schweinefleisch und Äpfeln), die Chicken and Leek Pie (mit Huhn und Lauch), die Eel Pie (Aalpastete), Goose Pie (Gänsepastete), Venison Pie (Wildbretpastete), Raised Mutton Pie (Hammelfleischpastete) usw.

Schon gewußt, dass der Käse stets nach dem Nachtisch (Sweet oder Dessert je nach sozialer Schicht genannt) gegessen wird?

Wer keine Magenbeschwerden kennt, sollte die berühmten Fish and Chips-Küchen versuchen, die sich auf fritierte Fischkrapfen (Seezunge, Seehecht, Schellfisch) und Kartoffeln zum Mitnehmen verlegt haben. In einem Fish and Chips schwimmt alles im Fett, wundervoll »soggy«, die Chips, deshalb sollte man sich als Kunde in Acht nehmen, um nicht unversehens auszurutschen, wenn man den Laden mit seinem in Zeitungspapier eingewickelten Päckchen verläßt. Feinere Leute verachten diese ordinären Genüsse und speisen lieber im Cafe (das wie »Käffi« ausgesprochen wird), das »kontinentale« oder traditionelle Gerichte bietet.

Nach alter Sitte endet ein Mahl mit einer Tasse heißer, dickflüssigen Schokolade, die man kurz vor dem Einschlafen zwecks Einstimmung auf süße Träume einnimmt ...

Drinks

Tee

Ein rechtschaffener Tag beginnt mit dem Early Morning Tea, mit einem Nice, strong Cuppa, was soviel heißt - wenn man zur Working Class gehört - wie ein Becher Tee, der so schwarz sein muß wie Kaffee, also furchtbar stark. Am verbreitetsten ist die Sorte »P.G. tips«, und wer solches Gebräu trinkt, verschmäht jeden anderen Tee als zu fancy, nämlich zu extravagant und lasch. Wie jedes heiße Getränk wird der Tee meistens aus Mugs geschlürft.
Die Zubereitung des unnachahmlichen englischen Tees bleibt für viele begeisterte Tee-Amateure ein Rätsel. Man braucht dazu einen Wasserkessel (Kettle). Früher stand er auf dem Ofen, heute ist er meist elektrisch. Die Engländer nehmen ihn oft mit auf Reisen und haben nicht das geringste Verständnis für Ausländer, die anstelle dieses unentbehrlichen Utensils womöglich einen einfachen Topf benutzen, der womöglich noch anderen Zwecken dient ... Zweitens muß die Teekanne mit kochendem Wasser ausgespült werden. Drittens wird der Tee abgemessen, und zwar ein Löffel pro Person und ein zusätzlicher für die Kanne. Viertens wird das noch kochende Wasser in die Teekanne geschüttet (daher die geheiligte Regel »You must always bring the pot to the kettle« - die Kanne muß zum Wasserkessel gebracht werden, nicht umgekehrt). Wenn Sie dies alles beachtet haben, und der Tee trotzdem nicht genauso schmeckt wie in England, dann muß es am Wasser liegen.
Auf die Frage »How do you want it?« (Wie hätten Sie ihn gerne?) antwortet man entweder »Black« oder »White« (schwarz oder mit Milch) und »With« oder »Without« (mit oder ohne Zucker). Die Person, die Ihrem Wunsch nachkommt, mahnt noch: »Say when«, und Sie sagen dann »When«, wenn Sie genug haben.

Kaffee

Nach dem ersten Tee frühmorgens gibt es etwas später beim Frühstück auch Kaffee - ein äußerst dünnes Gebräu, zum größten Bedauern aller Nicht-Engländer. Auch hier besteht die Wahl zwischen Black, White, With und Without. Achtung: als Coffee wird auch »Nescafé« und anderer Pulverkaffee bezeichnet.

Bier

In den Pubs ist das Wort Beer fast ein Fremdwort. Hier gibt es Ale, und man bestellt entweder Lager (Ale) - also leichtes Bier - oder Bitter (Ale). Wer dunkles Bier wünscht, gibt die Marke an: Guinness, Porter usw. Ein Bier mit Limonade heißt Shandy, was es als Lager Shandy und Bitter Shandy gibt. Das Biermaß ist eine Pinte oder eine halbe Pinte. In England ist Bier immer warm und möglichst schaumlos, da die Flüssigkeit überschwappen muß.
Oft wird Gin ins Bier geschüttet, was entweder Gin lager oder Gin bitter ergibt.

Wein

Jeder kennt die Vorliebe der Engländer einer bestimmten Gesellschaftsschicht für gute, hervorragende Weine, was wohl aus der Zeit herrührt, als England und Aquitanien noch verbunden waren. Der durchschnittliche Weintrinker in England bevorzugt indessen Weißwein und konsumiert vor allem preiswerten Wein deutscher Herkunft, sogenannten Hock.
Als Claret (Klaren) bezeichnen die Engländer Bordeaux-Weine. Diese wurden früher hauptsächlich importiert, weil der Seeweg kürzer war und der Wein sich gut für den Transport eignete. Er kam im Unterschied zu anderen Weinen uncloudy (ungetrübt) an.
Sherry ist die englische Form für das spanische »Xeres«. Als Aperitifwein gibt es den Sherry dry, very dry, medium und sweet. Zum Sherry benötigt man Sherry-Glasses.
Brandy wird jeder Schnaps genannt, vor allem aber Kognak. Zum Brandy braucht man natürlich Brandy Glasses.

Ein Gläßchen Port wird traditionell zum Abschluß einer Mahlzeit getrunken. Noch heute ist es in »guter« Gesellschaft üblich, dass die Damen die Tischrunde verlassen, um sich »die Nase zu pudern«, während die Männer sitzenbleiben, um Portwein zu trinken, Zigarren zu rauchen und über ernsthafte Dinge zu reden, etwa über den jüngsten Cricket-Test Match oder über das skandalöse Gerücht, wonach die Krawattenfarbe ihrer ehemaligen Schule geändert werden soll ... Port wird übrigens aus Port-Glasses getrunken. Wer hätt´s gedacht?
Do it yourself. Heutzutage stellen viele Leute selber Bier, Wein oder Likör mit Fertigmischungen her. Tun Sie´s lieber nicht!