Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Verschleppung

Body: 

Entführung aus dem Serail

Canaletti und viel Kunst

Herbarium der italienischen Flora

Den 20. September

Gestern war Oper, sie dauerte bis nach Mitternacht, und ich sehnte mich, zu ruhen. "Die drei Sultaninnen" und "Die Entführung aus dem Serail" haben manche Fetzen hergegeben, woraus das Stück mit weniger Klugheit zusammengeflickt ist. Die Musik hörte sich bequem an, ist aber wahrscheinlich von einem Liebhaber, kein neuer Gedanke, der mich getroffen hätte. Die Ballette dagegen sind allerliebst. Das Hauptpaar tanzte eine Allemande, dass man nichts Zierlichers sehen konnte.

Das Theater ist neu, lieblich, schön, modestprächtig, alles uniform, wie es einer Provinzialstadt geziemt, jede Loge hat ihren übergeschlagenen gleichfarbigen Teppich, die des Kapitan Grande ist nur durch einen etwas längern Überhang ausgezeichnet.

Die erste Sängerin, vom ganzen Volke sehr begünstigt, wird, wie sie auftritt, entsetzlich beklatscht, und die Vögel stellen sich vor Freuden ganz ungebärdig, wenn sie etwas recht gut macht, welches sehr oft geschieht. Es ist ein natürlich Wesen, hübsche Figur, schöne Stimme, ein gefällig Gesicht und von einem recht honetten Anstand; in den Armen könnte sie etwas mehr Grazie haben. Indessen komme ich denn doch nicht wieder, ich fühle, dass ich zum Vogel verdorben bin.

Den 21. September

Heute besuchte ich Doktor Turra; wohl fünf Jahre hat er sich mit Leidenschaft auf die Pflanzenkunde gelegt, ein Herbarium der italienischen Flora gesammelt, unter dem vorigen Bischof einen botanischen Garten eingerichtet. Das ist aber alles hin. Medizinische Praxis vertrieb die Naturgeschichte, das Herbarium wird von Würmern gespeist, der Bischof ist tot und der botanische Garten wieder, wie billig, mit Kohl und Knoblauch bepflanzt.

Doktor Turra ist ein gar feiner, guter Mann. Er erzählte mir mit Offenheit, Seelenreinheit und Bescheidenheit seine Geschichte und sprach überhaupt sehr bestimmt und gefällig, hatte aber nicht Lust, seine Schränke aufzutun, die vielleicht in keinem präsentablen Zustande sein mochten. Der Diskurs kam bald ins Stocken.

Den 21. September, abends

Ich ging zum alten Baumeister Scamozzi, der des Palladio Gebäude herausgegeben hat und ein wackerer, leidenschaftlicher Künstler ist. Er gab mir einige Anleitung, vergnügt über meine Teilnahme. Unter den Gebäuden des Palladio ist eins, für das ich immer eine besondere Vorliebe hatte, es soll seine eigne Wohnung gewesen sein; aber in der Nähe ist es weit mehr, als man im Bilde sieht. Ich möchte es gezeichnet und mit den Farben illuminiert haben, die ihm das Material und das Alter gegeben. Man muß aber nicht denken, dass der Baumeister sich einen Palast errichtet habe. Es ist das bescheidenste Haus von der Welt, hat nur zwei Fenster, die durch einen breiten Raum, der das dritte Fenster vertrüge, abgesondert sind. Wollte man es zum Gemälde nachbilden, so dass die Nachbarhäuser mit vorgestellt würden, so wäre auch das vergnüglich anzusehen, wie es zwischen sie eingeschaltet ist. Das hätte Canalett malen sollen.