Kensington
Kensington
Kensington ist das gehobene Londoner Wohnviertel par excellence und wurde praktisch
von den Viktorianern erfunden. Als Folge davon besteht es aus besonders ausgedehnten
Squares, weiten Straßen und weiten Mews. Königin Victoria, die im Palast von
Kensington geboren wurde und dort bis zu ihrer Thronbesteigung im Alter von
achtzehn Jahren lebte, verlieh dem Stadtteil 1901 den Namen Royal Borough. 1965
wurde ihm Chelsea zugeschlagen, was heftige Empörung bei den Einwohnern hervorrief.
Prinz Albert gab eine Reihe von Museen in Auftrag, deren Bau mit den Einnahmen
aus der berühmten Ausstellung im Crystal Palace von 1851 finanziert wurde. Eins
davon ist das »Victoria and Albert Museum«, kurz V and A genannt, das eine der
schönsten kunsthandwerklichen Sammlungen besitzt, ein glanzvolles Zeugnis der
Blütezeit industrieller Entwicklung und des Designtalents britischer Fabrikanten.
Auch sollte jeder Besucher wissen, dass die dazugehörige Bibliothek, die »National
Art Library«, zu den angenehmsten Plätzen zum Ausruhen, Lesen oder Arbeiten
gehört, bevor er sich zu den nahegelegenen Museen für Naturgeschichte, Naturwissenschaft,
Geologie und Medizin aufmacht.
Der »liebe Albert« (ganz besonders in den Augen Victorias, seiner begeisterten
und verliebten Gattin) wurde als Denkmal verewigt im Albert Memorial, im neogotischviktorianischen
Flammenstil - völlig überzogen.
Darauf thront die Statue des Prinzen, gerade gegenüber des nach ihm benannten
Konzertsaals (Royal Albert Hall), wo alljährlich die berühmten Proms (Promenadenkonzerte)
erklingen. Am letzten Abend dieser populären Klassikaufführungen ist es Sitte,
dass das Publikum - bis zu achttausend Personen - nicht nur Elgar oder Purcell
in ohrenbetäubender Lautstärke singt, sondern auch großartig patriotische Lieder
wie Land of Hope and Glory.
Die Wildnis
Nördlich davon erstrecken sich die Kensington Gardens in wohltuendem Gegensatz
zu der Monumentalpracht. Der Park vereingt alle typischen Attribute eines Londoner
Parks: weitläufige Rasenflächen, Rosenhecken, einen See, Schlupfwinkel und ein
altes Schloß, den Kensington Palace von Wren und Hawksmoor, inzwischen zur Londoner
Residenz von Prinz Charles und Prinzessin Diana auserkoren. Sein von bogenförmig
verschlungenen Linden umgebener Sunken Garden (versunkener Garten) ist ein wenig
bekanntes, dafür aber verschwiegenes und herrliches Plätzchen. Wie alle englischen
Parks, die etwas auf sich halten, hat Kensington auch seine Wilderness, einen
»geplanten Dschungel«. Hier liegt der für Kinder magische Ort verborgen, an
dem der Erzählung von Sir James Barrie zufolge Peter Pan gelandet sein soll.
Sonntags vergnügen sich Scharen von Kindern am Round Pound mit dem Steuern von
Schiffsmodellen und dem Entenfüttern mit altem, während der Woche sorgfältig
für diesen Zweck gesammeltem Brot.