Rampenlicht
Rampenlicht und Schattentheater
Die jährlich zwischen Juni und August stattfindenden Theateraufführungen und
Konzerte im antiken Herodes-Attikus-Theater (römischer Architektur) zu Füßen
der Akropolis bedürfen wohl keiner besonderen Empfehlung. Im Rahmen der Athener
Festspiele gelangen dort antike Tragödien und Komödien zur Aufführung, Klassikkonzerte,
Opern und Balletaufführungen, unter Beteiligung namhafter internationaler Solisten.
Die Festspiele von Epidauros - sie werden jährlich den ganzen August über in
jenem wunderbaren Theater abgehalten, das Polyklet der Jüngere im 4. Jahrhundert
vor Christus angelegt hat - sind ein Beweis dafür, dass die Griechen eine wahre
Leidenschaft für das antike Repertoire hegen.
Wenn auch zunehmend vom Alter gezeichnet, erfreut Karaghiozis, gefeierter Held
des Schattentheaters, auch weiterhin die Kinder in einigen abgelegenen Dörfern,
während er in den Städten - hauptsächlich in Athen und Patras - seit Jahren
Intellektuelle und Touristen anzieht. Aus Kleinasien stammend, bucklig und ausstaffiert
mit einer überdimensionalen Nase, ist Karaghiozis ein Mann des Volkes. Als listenreicher
Hungerleider verkörpert er den fortwährenden Kampf von Arm gegen Reich, aber
auch für Freiheit und Unabhängigkeit. In seiner Umgebung entwickeln sich mehrere
andere Gestalten, etwa der lächerliche Dandy Morphonios, der türkische Freund
Hadjiavatis, Onkel Barba Yorgos, ein tapferer, naiver Bergbewohner aus Rumelien,
oder auch Stavrakas, ein Außenseiter der Gesellschaft, den sein Akzent als rebetes
aus den städtischen Zentren ausweist.
Hollywood unter freiem Himmel
Vierhundert Quadratmeter Land, eingesät mit Weizen, reichen zwar nicht aus,
um die Familie eines Bauern zu ernähren; dennoch können sie zu einer nicht zu
verachtenden Einnahmequelle werden. Dazu ist nichts weiter notwendig, als dass
das Grundstück unweit eines größeren Fleckens oder einer Stadt liegt und keine
allzu unebene Oberfläche aufweist. Nachdem er eine Umfassungsmauer von etwa
zwei Metern Höhe hochgezogen hat, braucht unser Bauer am Ende seines Landbesitzes
nurmehr eine riesige Wand aus Backstein oder Zementsteinen zu errichten, als
Haltevorrichtung für die Leinwand. An der gegenüberliegenden Seite des Terrains
entsteht sodann ein Verschlag für den Projektor. Dann noch Faltstühle, eine
Barecke, die Toiletten hinter der Leinwand, eine Handvoll Töpfe mit Basilikum
zu beiden Seiten der Projektorkabine und dem Unternehmen Sommerkino steht nichts
mehr im Wege! Haben sich erst einmal die ersten Kosten eingespielt, vervollständigt
eine Leuchtanzeige mit dem Namen des Kinos das Bild.
Häufig handelt es sich um ein reines Familienunternehmen: Sohnemann kümmert
sich um Projektion und Wartung der Vorführmaschine, die Tochter macht sich als
Platzanweiserin nützlich und Madame nimmt hinter der Kasse Platz.
Das Sommerkino, ein zugleich populäres wie preiswertes Vergnügen, erlebte nach
dem Zweiten Weltkrieg seinen großen Aufschwung. Ein Fernsehen existierte noch
nicht, in den Städten wimmelte es von unbebauten Grundstücken und hohe Investitionen
erforderte das Unternehmen auch nicht. Der Erfolg ist um so vorhersehbarer,
als sich im Juli und August die modernen Stadtwohnungen in regelrechte Backöfen
verwandeln und ein Großteil der überdachten Kinosäle nicht über eine Klimaanlage
verfügt. So sorgt das Sommerkino für Zerstreuung an frischer Luft.