Unvergängliche Klassik

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Unvergängliche Klassik

In den Großstädten, ganz besonders aber in Athen, strömen zehntausende Jugendlicher
zu den Rockkonzerten in die Stadien, wo ausländische Musikgruppen volle Kasse
machen, und fallen bei den Schallplattenhändlern ein, um sich die letzten Neuheiten
aus Amerika zu beschaffen. Denn unter den örtlichen Bands kommt keine über das
Mittelmaß hinaus: den Instrumentalisten fehlt es am rechten »rock-feeling«,
aber ohne platte Rhythmen dieser Bands ist eben nichts zu machen. Folklore-
und Volksmusik dagegen blühen und gedeihen, gute Orchester gibt es wie Sand
am Meer, und bei Autoren wie Komponisten fehlt es weder an Zahl noch an Talent.

Im Bereich der Malerei wiederholt sich dieses Grundmuster. Ästhetische Strömungen
aus dem Westen, welche die griechische Malerei vom letzten Viertel des 19. Jahrhunderts
an bis in unsere Tage durchzogen, haben nicht Schule gemacht. Von der Neigung
hin zu einem gewissen Klassizismus haben die griechischen Maler niemals ganz
abgelassen; der Abstraktion ist es nicht gelungen, ihnen wirklich große Werke
einzugeben.

Die Literatur liefert uns das frappierendste Beispiel für das Verhaftetsein
der Griechen mit klassischen Formen, für ihren Respekt vor den »großen Schatten«
der Vergangenheit, für ihre Fähigkeit, aus dem Kapital zu schlagen, was sie
die Jahrhunderte lehren. Der Dichter Giorgos Seferis, Nobelpreisträger im Jahre
1963, knüpft an die universellen und humanistischen Dimensionen der großen Lyriker
in der Antike an. Cavafis und Sikelianos schöpften ihre Inspiration in der Welt
der Antike oder des Hellenismus, während Odysseas Elytis (Nobelpreis 1979) damit
Erfolg hatte, dass er die von Frankreich ausgehende surrealistische Strömung
domestizierte und sie in den Dienst der »Gräzität« stellte.